Diabetes aufhalten oder forcieren: Die Ernährung entscheidet

Hochverarbeitete Lebensmittel oder ausgewogene Kost? Aus Sicht der Diabetesforschung fällt die Wahl eindeutig auf die zweite Variante. Was auf den Teller kommt, hat einen relevanten Einfluss auf Prävention und Behandlung des Typ-2-Diabetes.

Fast Food fördert Übergewicht und Diabetes

Professor Anja Bosy-Westphal, Kiel, wies anlässlich des 17. Diabetes Herbsttagung auf die Bedeutung hochverarbeiteter Lebensmittel bei der Diabetesentstehung hin. Besonders problematisch sind deren hoher Gehalt an Zucker, Fett, Salz und schnell verfügbaren Kohlenhydraten sowie eine hohe Energiedichte.

Rund die Hälfte der Kalorien, die in Deutschland konsumiert werden, stammen mittlerweile aus hochverarbeiteten Lebensmitteln.

Der weit verbreitete Verzehr solcher Produkte trage dazu bei, traditionelle Mahlzeitenstrukturen und einen festen Tagesrhythmus aufzuheben, so die Expertin. Zudem kann die Zusammensetzung der schnellen Speisen dem Körper Probleme bereiten. Süße und fetthaltige Nahrung spricht das Belohnungssystem im Gehirn an und sorgt für eine Verfestigung dieser Präferenzen. „Zu allem Überfluss regen diese Produkte nicht zum Kauen an“, ergänzte Bosy-Westphal. So würden sie schneller verzehrt; bis sich das Sättigungsgefühl einstellt, ist das Kalorienkonto bereits deutlich überzogen.

Mittelfristig bewirkt der regelmäßige Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel Stoffwechselstörungen, charakterisiert durch Insulin- und Leptinresistenz sowie chronische Entzündungen, und beeinträchtigt die biologische Kontrolle des Appetits. Diese Veränderungen führen unabhängig von ihrem Effekt auf das Körpergewicht zu einem erhöhten Risiko für nichtübertragbare Erkrankungen und schlagen den Pfad in Richtung eines Diabetes mellitus Typ 2 bereits ein.

Mit dem Essen Remission erreichen

Dass es mit Hilfe der Gabel auch in die andere Richtung gehen kann, erläuterte Professor Diana Rubin, Berlin. Zumindest in den frühen Stadien des Typ-2-Diabetes sei es durchaus möglich, den entgleisten Zuckerstoffwechsel wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Eine solche Remission sollte daher das Ziel jeder Therapie bei Prädiabetes oder frühem Typ-2-Diabetes sein.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Blutzuckerwerte normalisieren, steigt umso mehr, je deutlicher das Körpergewicht reduziert wird.

Der mit Abstand bedeutendste Risikofaktor für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes oder dessen Vorstufe ist Übergewicht. Lebensstilinterventionen hin zu mehr Bewegung und eine gesündere Ernährung gelten als wichtigste Maßnahmen gegen die Entstehung einer diabetischen Stoffwechselstörung. „Das ist auch wichtig, wenn die Blutzuckerwerte bereits auffällig verändert sind“, so Rubin. Inzwischen sei belegt: Eine intensive Ernährungstherapie kann selbst einen manifesten Typ-2-Diabetes im Frühstadium in eine Remission bringen. Gleichzeitig sinke das Risiko für schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sowie Nieren- und Augenerkrankungen.

Gewicht und Bauchfett

Dabei ist vor allem die Reduktion des Bauchfetts entscheidend, das Entzündungen fördern und die Insulinwirkung herabsetzen kann. Zielwerte sind mindestens vier Zentimeter weniger Taillenumfang bei Frauen, sieben Zentimeter bei Männern. Die erforderliche Gewichtsreduktion liegt bei 10 bis 15 Prozent.

Ausnahmen seien ältere Personen, deren Muskelmasse stark verringert ist. Hier liegt der Schwerpunkt auf einer ausreichenden Eiweißversorgung, Bewegung und Kräftigung der Muskulatur. Für Menschen, deren Typ-2-Diabetes bereits seit vielen Jahren besteht, oder Subtypen mit Insulinsekretionsdefizit sei eine Remission oft nicht mehr zu erreichen. Dennoch zeige eine traditionell mediterrane Ernährung sehr gute Outcomedaten, unter anderem für das kardiovaskuläre Risiko, die Lebensqualität und eine verlängerte Überlebenszeit.

Quelle

Professor Dr. oec. troph. Dr. med. Anja Bosy-Westphal. Typ-2-Diabetes und Ernährung: wenn der Fertigsnack den Stoffwechsel ruiniert. Professor Dr. med. Diana Rubin. Den Diabetes wegessen: wie Ernährung einen Typ-2-Diabetes rückgängig machen kann. Vorab-Pressekonferenz im Rahmen der 17. Diabetes Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) „Gesundheit fängt im Kindesalter an: Prävention und Therapie von Diabetes“ am 14. November 2023.