Können lokal wirksame Glucocorticoide das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 erhöhen? Wir haben für Sie bei Prof. Klimek nachgefragt.
Der Arbeitsalltag vieler im Gesundheitswesen Tätiger wird derzeit durch die Corona-Krise bestimmt. Wir zeigen, wie sich der Berufsalltag verändert hat, mit welchen Schwierigkeiten die verschiedenen Berufsgruppen zu kämpfen haben und wie sich alle Tag für Tag dafür einsetzen, eine optimale Patientenversorgung auch in diesen schwierigen Zeiten zu gewährleisten.
Beratung für Allergiker in Zeiten der Pandemie
Der Frühling hat begonnen und draußen herrscht Bombenwetter. Die Pflanzen sprießen und blühen. Hiermit leiden aber auch zahlreiche Personen unter Niesattacken oder laufender Nase – die Heuschnupfensaison läuft auch Hochtouren.
Trotz Corona-Krise und Kontaktverbot zieht es viele Leute nach draußen und schließlich auch in die Apotheke, damit die lästigen Symptome schnell nachlassen.
Interview mit Prof. Dr. Ludger Klimek
Wir haben Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Leiter des Zentrums für Rhinologie und Allergologie, Wiesbaden, und Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen gefragt, was bei einer Heuschnupfentherapie besonders zu beachten ist.

Redaktion: Manche Patienten erhalten bereits topische Glucocorticoide als Nasenspray und sind verunsichert. Können „Cortisonpräparate“ das Risiko erhöhen, an COVID-19 zu erkranken? Was sollte man den Patienten raten?
Klimek: Diese Fragen werden uns hier im Allergiezentrum in Wiesbaden auch jeden Tag etliche Male gestellt. Moderne nasale Glucocorticoide sind effektiv in der Behandlung von Symptomen und verhindern entzündliche Schleimhautschädigungen bei allergischer Rhinitis. Es existieren keinerlei Hinweise, dass eine Anwendung von nasalen Glucocorticoiden in den zugelassenen Dosierungen und Indikationen eine erhöhtes Risiko für eine SARS-Cov-2 Infektion hervorruft, oder einen schwereren Verlauf einer COVID-19 Erkrankung auslöst – eventuell ist sogar eine gewisse Schutzwirkung durch diese Glucocorticoide vorhanden. Sowohl Erwachsene als auch Kinder sollten ihre verordneten nasalen Glucocorticoide konsequent und regelmäßig in der individuell verordneten Dosis einnehmen und nicht ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ändern oder gar die Einnahme beenden.
Redaktion: Für welche Patienten sind apothekenpflichtige Glucocorticoid-haltige Nasensprays eine Option? Sollte man diesen Patienten in der Corona-Krise eine solches Nasenspray empfehlen oder auf andere Alternativen zurückgreifen?
Klimek: Eigentlich kann man sagen: für Alle! Besonders gilt dies aber wohl für die schwer betroffenen Allergiker. Die Gefahr, dass sich durch Absetzen von nasalen Glucorticoiden eine Inhalationsallergie verschlechtert, ist gegeben. Eine solche Verschlechterung kann durch vermehrten Niesreiz bei COVID-19 Erkrankten eine Tröpfcheninfektion anderer Personen fördern. Zudem kann sie eine Anwendung von systemischen Cortisonpräparaten notwendig werden, die dann gegebenenfalls tatsächlich negativ auf die Immunabwehr gegen COVID-19 wirken könnte. Letztlich kann eine Verschlechterung von allergischer Rhinitis und chronischer Rhinosinusitis eine Exazerbation eines Asthma bronchiale auslösen, was von der WHO ebenfalls als Risikofaktor für schwere Verläufe einer COVID-19 Erkrankung angesehen wird.
Redaktion: Sollten Patienten mit Heuschnupfensymptomen besondere Schutzmaßnahmen (z. B. Tragen von Gesichtsmasken) treffen, da sie zum Beispiel durch Niesattacken Viren leichter übertragen könnten?
Klimek: Wie bereits dargelegt sind durch Husten- und Niesattacken andere Mitmenschen besonders gefährdet, sich mit einer durch Tröpfcheninfektion übertragenen Viruserkrankung zu infizieren. Daher sind Mund-Nase-Masken – besser natürlich noch die derzeit schwer erhältnlichen FFP2-Masken – grundsätzlich für jedermann empfehlenswert.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!