Der Arbeitsalltag vieler im Gesundheitswesen Tätiger wird derzeit durch die Corona-Krise bestimmt. Wir zeigen, wie sich der Berufsalltag verändert hat, mit welchen Schwierigkeiten die verschiedenen Berufsgruppen zu kämpfen haben und wie sich alle Tag für Tag dafür einsetzen, eine optimale Patientenversorgung auch in diesen schwierigen Zeiten zu gewährleisten.
Dr. Dorothea Strobach ist Apothekerin im LMU Klinikum und Mitglied des Ausschusses Arzneimittelinformation der ADKA.
Interview mit Dr. Dorothea Strobach
Redaktion: Hat sich der Arbeitsalltag in der Corona-Krise für Sie verändert?
Strobach: Ja. Organisatorische Fragen haben deutlich gegenüber den fachlichen Anfragen zugenommen. Sehr oft geht es um Desinfektionsmittel für Hände, Flächen, mögliche Alternativen, sinnvollen Einsatz, aber auch um mögliche oder tatsächliche Lieferengpässe. Fachlich fordernd war auch eine schnelle Auswertung, welche Arzneimittel für die Versorgung von Intensivpatienten allgemein und insbesondere der Covid-19-Patienten kritisch werden können, da Zahlen dazu bisher nicht vorlagen.
Weitere Veränderungen kommen durch die Schließung von Schulen und Kinderbetreuungen, die andere Arbeitszeiten einiger Mitarbeiter erforderlich machen. Der Schutz der Apothekenmitarbeiter ist ein weiteres Thema und das Arbeiten mit Mundschutz nicht immer unproblematisch.
Die Arzneimittelinformation betreut auch die Pharmazeutische Arzneimittelanamnese für stationär aufgenommene Patienten verschiedener operierender Fächer. Hier erleben wir einen deutlichen Rückgang der Patientenzahlen, aber keinen vollständigen Abbruch.
Redaktion: Werden die Anfragen insgesamt eher weniger, weil viele planbare Behandlungen verschoben werden und daher auch die Patienten weniger werden bzw. verschieben sich die Anfragen zu COVID-19?
Strobach: Zu Beginn haben fachliche Anfragen stark nachgelassen, inzwischen beobachten wir wieder eine Normalisierung in der Anzahl. Eine Verschiebung zu Corona-Fragen sehen wir weniger. Auffällig sind einige Grundsatzfragen, die Mitarbeiter aus dem Homeoffice stellen – Dinge, die sie immer schon mal klären wollten, beispielsweise Übersichten zur Filtergängigkeit von Arzneimitteln oder zur Kompatibilität.
Redaktion: In den letzten Wochen wurden in großen Journals zahlreiche Artikel zu COVID-19 veröffentlicht. Der Erreger ist neu und bisher wenig darüber bekannt. Da stellt sich folgende Frage: Wie gut ist diese Evidenz zur Beratung bei Anfragen an die Arzneimittelinformation nutzbar?
Strobach: Aus meiner Sicht befindet sich derzeit vieles im Fluss, gute Evidenz gibt es kaum. Der Verlauf der vielen neu gestarteten Studien bleibt abzuwarten. Problematisch sehe ich die teilweise euphorische Anwendung von Substanzen auch bei sehr geringer Evidenz, Nebenwirkungen werden nicht immer ausreichend bedacht.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!