Eisenmangel tritt in der Bevölkerung primär in der mittleren Lebensdekade auf. Gefährdet sind vor allem Personen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen. Wie relevant ist im Vergleich dazu ein defizitärer Eisenstatus für die (gesündere) Allgemeinbevölkerung im Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko?
Eisenharte Fakten
Zwei Drittel der Menschen mittleren Alters leiden unter einem funktionellen Eisenmangel. Sowohl ein absoluter als auch ein funktioneller Eisenmangel sind bekannte Risikofaktoren für kardiovaskulär vorbelastete Patienten. Je stärker das Defizit ausgeprägt ist, umso wahrscheinlicher ist es, in den nächsten zehn Jahren ein kardiales Ereignis zu erleiden. Etwa 10 % der neu auftretenden Fälle einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) bei „Mid-Agern“ könnten bisherigen Studien zufolge durch die Prävention eines Eisenmangels verhindert werden.
Alles Eisen oder was?
Die Autoren der FAIR-HF Studie beobachteten einen Zusammenhang zwischen der Gesamtmortalität und einem bestehenden Eisenmangel (funktional oder absolut). Nach einer intravenösen Eisensubstitution besserten sich die Symptome und damit die Lebensqualität der Herzinsuffizienz-Patienten deutlich. Um die Hinweise zu bestätigen, initiierte das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. die FAIR-HF II Studie. Untersucht wurde, ob die Gabe von Eisencarboxymaltose sowohl die Progression von Patienten mit Herzinsuffizienz verbessert als auch die Hospitalisierungsrate reduziert. Die Ergebnisse stehen noch aus. Interessant zu wissen wäre nun, ob und inwiefern sich ein Eisenmangel bei gesunden Menschen auswirkt.
Korrelation ≠ Kausalität
Kürzlich erschien im ESC Heart Failure eine Metaanalyse, in der die Auswirkungen eines funktionellen bzw. absoluten Eisenmangels auf das kardiovaskuläre Risiko bei 12.164 Europäern analysiert wurden. 60,0 % der Teilnehmer litten unter einem absoluten, 16,4 % unter einem schweren absoluten Eisenmangel. Von einem funktionellen Eisendefizit waren 64,3 % der Probanden betroffen. Die Forschungsgruppe um Dr. Benedikt Schrage vom Herz- und Gefäßzentrum des Uniklinikums Hamburg kam zu folgenden Ergebnissen:
- Ein funktioneller Eisenmangel ging mit einem um 24 % erhöhten Risiko einher eine KHK zu erleiden im Vergleich zu Personen mit normalem Eisenstatus. Die kardiovaskuläre Mortalität stieg um 26 % und die Gesamtmortalität um 12 %.
- Absoluter Eisenmangel war mit einer um 20 % erhöhten KHK-Wahrscheinlichkeit assoziiert, auf die Mortalität wirkte er sich allerdings nicht aus. Auch zwischen dem Auftreten von Schlaganfällen und dem Eisenstatus gab es keinen Zusammenhang.
Obwohl die Ergebnisse darauf hindeuten, dass ein funktioneller Eisenmangel ein relevanter Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen ist, kann aus den genannten Beobachtungsstudien keine Kausalität abgeleitet werden. Solange randomisierte kontrollierte Studien und damit die Evidenz für diese Annahme fehlen, sollte zurückhaltend agiert werden. Weitere Studien, insbesondere mit einem jüngeren Patientenkollektiv außereuropäischer Abstammung, sind nötig, um die klinische Relevanz zu evaluieren. Dennoch sollte der eigene Eisenstatus durch regelmäßige Kontrollen im Blick behalten werden, um einem potenziellen Defizit frühzeitig entgegenwirken zu können.
Zum Weiterlesen
Welches Präparat für die intravenöse Eisensubstitution gewählt werden sollte und wie sich eine präoperative Eiseninfusion auf postoperative Bluttransfusionen auswirkt, erfahren Sie ebenfalls in unserem Pharmakotherapie-Blog.
Quellen
- Schrage B, et al. Association of iron deficiency with incident cardiovascular diseases and mortality in the general population. Wiley 2021; https://doi.org/10.1002/ehf2.13589
- Pressemitteilung der European Society of Cardiology (ESC) vom 06. Oktober 2021