Psychischer Stress führt bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung zu einer kardialen Ischämie. Ist dadurch auch das Risiko für kardiale Ereignisse erhöht?
Was ist Gesundheit?
Gesundheit bedeutet nach einer Definition der WHO nicht nur das Nichtvorhandensein einer Erkrankung oder Gebrechlichkeit, sondern auch den Zustand eines vollständigen physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens.
Psychischer Stress
Überstunden am Arbeitsplatz, ständige Erreichbarkeit und die permanente Informationsflut über das Internet gehören zu den psychischen Stressfaktoren.
Andauernder psychischer Stress kann jedoch nicht nur zu psychischen Erkrankungen wie Angst, Depressionen und Erschöpfung führen, sondern auch zu einer myokardialen Ischämie. Diese geht allerdings nicht, wie bei körperlichem Stress, mit Symptomen wie einer erhöhten Herzfrequenz oder erhöhtem Blutdruck einher, sondern ist meist asymptomatisch. Dennoch kommt es zu Änderungen des Gefäßtonus und der Thrombozyten-Reaktivität.
Auslösung von psychischem Stress im Studiensetting
Ob psychischer Stress das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse erhöht, wurde nun in einer US-amerikanischen Studie bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung untersucht.
Aus zwei prospektiven Kohortenstudien wurden 918 Patienten mit einer stabilen koronaren Herzerkrankung eingeschlossen. Sie wurden entweder einem konventionellen Stresstest (Belastungs-EKG oder pharmakologisch mit Regadenoson) oder einem psychischem Stresstest ausgesetzt. Dieser bestand in der Aufgabe, innerhalb von zwei Minuten einen dreiminütigen Vortrag vor einem Publikum mit mindestens vier Zuschauern vorzubereiten. Währenddessen wurden Blutdruck und Herzfrequenz bestimmt. Bei allen Studienteilnehmern wurde mittels Singlephotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) die Durchblutung des Herzmuskels untersucht.
Primärer Endpunkt war die Kombination aus kardiovaskulär bedingten Todesfällen oder dem Auftreten eines nichttödlichen Herzinfarkts. Sekundäre Endpunkte waren die Rate der Krankenhauseinweisungen oder Herzinsuffizienz.
Kardiale Ischämie durch psychischen Stress erhöht kardiale Ereignisrate
16 % der Patienten erlitten eine durch psychischen Stress induzierte Ischämie, bei 31 % wurde eine Ischämie im konventionellen Stresstest nachgewiesen und 10 % der Studienteilnehmer hatten beide Formen.
Innerhalb einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren starben 156 Patienten oder erlitten einen Herzinfarkt. Die Ereignisrate bei den Patienten, die eine kardiale Ischämie, ausgelöst durch psychischen Stress, hatten, war höher als bei den Patienten, die keinem psychischen Stress ausgesetzt wurden (Hazard-Ratio [HR] 2,5; 95%-Konfidenzintervall 1,8–3,5). Verglichen mit Patienten, die keine Ischämie hatten, war das Risiko bei den Patienten mit einer stressinduzierten Ischämie verdoppelt; bei beiden Ischämie-Formen sogar fast viermal so hoch (HR 3,8; 95%-KI 2,6–5,6). Wurde die Ischämie nur durch einen konventionellen Stresstest ausgelöst, war das Risiko für nichttödliche Herzinfarkte oder kardiovaskulär bedingte Todesfälle nicht signifikant erhöht.
Psychischer Stress, der zu einer kardialen Ischämie führt, geht bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung offenbar mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko oder einem erhöhtem Risiko für nichttödliche Herzinfarkte einher. Es sollte geklärt werden, ob der Nachweis einer kardialen Ischämie klinischen Nutzen hat.
Psychischen Stress meiden
Trotz allem gilt, psychischen Stress zu meiden, nicht nur bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung.
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