Aktuell kehren auch ältere Menschen an ihren Arbeitsplatz zurück. Zumindest wenn es kein anderer Risikofaktor verbietet. Vielleicht ist das keine gute Idee.
Es sterben mehr alte Menschen an COVID-19
Ich muss gestehen, ich war immer skeptisch, wenn sich ein gesunder 60-Jähriger in der Vergangenheit der COVID-19-Risikogruppe zurechnete. Natürlich steigt die Prävalenz von Übergewicht, kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes mit dem Alter an. Was aber, wenn all das nicht vorliegt? Hat der 60-Jährige dann tatsächlich ein so viel höheres Risiko als ein 40-Jähriger?

Sind auch gesunde Alte betroffen?
Die britische Regierung hat die anonymisierten Daten des nationalen Gesundheitssystems auf der Plattform OpenSafely zur Verfügung gestellt. In einer Nature-Publikation werteten Autoren aus, welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an einer SARS-CoV-2-Infektion zu sterben. Darunter auch das Alter.
Wahrscheinlichkeit (Hazard-Ratio) für einen COVID-19-Tod in der Bevölkerung nach Altersgruppe
- 18 bis <40: 0,06
- 40 bis <50: 0,30
- 50 bis <60: 1,00 (Referenzgruppe)
- 60 bis <70: 2,40
- 70 bis <80: 6,08
- 80 und älter: 20,61
Das genutzte Cox-Model enthielt zahlreiche Variablen (kardiale Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Diabetes, Immunsuppression und viele mehr). Bei der Auswertung der einzelnen Risikofaktoren wurden die anderen Faktoren adjustiert.
Kommentar
In der Auswertung der Daten des britischen Gesundheitssystems zeigte sich eine deutliche Assoziation zwischen Alter und Sterberisiko bei einer SARS-CoV-2-Infektion. In der Altersgruppe 60–69 war das Sterberisiko 8-mal so hoch wie in der Altersgruppe 40–49. Dabei war die Auswertung hinsichtlich zahlreicher anderer bekannter Risikofaktoren bereits adjustiert. Einschränkend muss man berücksichtigen, dass bei einem 80-Jährigen von einer so umfassenden Komorbidität auszugehen ist, dass eine sinnvolle Adjustierung mit einem 40-Jährigen nicht zu erwarten ist. Dazu müsste man sehr viele Parameter berücksichtigen, die in kaum einer Datenbank verzeichnet sein können.
Trotzdem zeigt sich für mich deutlich ein erhöhtes Risiko bereits für Patienten ab 60 Jahren, das nicht auf ein Erhöhung der Komorbidität zurückzuführen ist. Das Robert Koch-Institut spricht hier die Immunseneszenz an, also das im Alter veränderte Immunsystem. Dabei scheinen 10 Jahre höheres Lebensalter zum Beispiel eine größere Rolle zu spielen als eine kardiale Vorerkrankung. Auch die absoluten Zahlen sind relevant: In der betrachteten Population waren 1.101 von 10.926 der COVID-19-Todesfälle in der Altersgruppe 60–69.
Ich halte es nicht für unverantwortlich, wenn ein gesunder 60-Jährer an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Man sollte aber zum Beispiel bei den Überlegungen, wen man noch länger im Home-Office belässt, das Alter definitiv berücksichtigen.