Bei schweren Atemwegsinfektionen setzen Ärzte oft Glucocorticoide ein. Auch bei COVID-19. Eine aktuelle Metaanalyse stellt dies infrage.
Positive Ergebnisse des RECOVERY-Programms
Die Ergebnisse des RECOVERY-Programms deuteten auf einen Nutzen von Dexamethason bei COVID-19 hin (wir berichteten). Nun fasst eine Metaanalyse die bisher verfügbare Evidenz für den Einsatz von Glucocorticoiden in dieser Indikation zusammen.
Sterblichkeit nicht reduziert
Die Autoren der Metaanalyse untersuchten die Wirksamkeit einer Glucocorticoid-Therapie bei den Erkrankungen MERS, SARS sowie COVID-19. Dazu führten sie eine systematische Literaturrecherche durch und schlossen 23 Studien in ihre Analyse ein.
In fünf Studien davon behandelten die Ärzte Patienten mit COVID-19. Es handelte es sich um Kohortenstudien aus China mit insgesamt 900 Patienten. In den meisten Studien setzten die Behandler Methylprednisolon ein.
Nach den Ergebnissen der Metaanalyse reduzierte der Einsatz von Glucocorticoiden bei COVID-19 nicht die Sterblichkeit oder Dauer der Lungenentzündung. Lediglich die Zeit mit Fieber war kürzer. Die Patienten blieben dafür aber auch länger im Krankenhaus.
Kommentar
Die Ergebnisse der Metaanalyse scheinen nicht zu denen des RECOVERY-Programms zu passen. Dort reduzierte eine Dexamethason-Therapie die Sterblichkeit – allerdings nur bei Patienten, die eine Atemunterstützung benötigen. In die Metaanalyse gingen dagegen auch Patienten mit leichter Erkrankung ein.
An dieser Stelle muss ich jedoch nochmal betonen, dass diese Ergebnisse des RECOVERY-Programms noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben.
Die Behandlung von schweren COVID-19-Verläufen mit Dexamethason halte ich trotz dieser Metaanalyse für einen sinnvollen Ansatz. Er sollte jedoch im Rahmen klinischer Studien erfolgen. Nur so können wir genug Evidenz für klare Therapieanweisungen generieren.