Am 03. Juli hat Remdesivir die Zulassung in der EU erhalten. Es ist kein Wundermittel. Trotzdem gibt es keinen Grund für Kritik an Gilead.
Wie lautet die Indikation?
Remdesivir (Veklury®) wird angewendet zur Behandlung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) bei Erwachsenen und Jugendlichen (im Alter von mindestens 12 Jahren und mit einem Körpergewicht von mindestens 40 kg) mit einer Pneumonie, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert.
Auf welchen Daten basiert die Zulassung?
Die Zulassung von Remdesivir zur Behandlung von COVID-19 basiert maßgeblich auf den Ergebnissen der Studie NIAID ACTT-1 (wir berichteten). Die Studienautoren fanden bei schwerem Krankheitsverlauf eine um 6 Tage verkürzte Zeit bis zur Besserung (18 vs. 12 Tage). Bei einem leichten oder mittelschweren Krankheitsverlauf unterschied sich diese Zeitspanne nicht. Daher erstreckt sich die Zulassung nur auf Patienten, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen.
In der bisherigen Auswertungen der Studie ist die Sterblichkeit unter Remdesivir nicht signifikant erniedrigt. Zum Einsatz von Remdesivir bei speziellen Patientengruppen (Nieren-/Leberfunktionsstörung) ist wenig bis nichts bekannt.
Kommentar
Die Zulassung von Remdesivir beschränkt sich auf Patienten mit einem schweren COVID-19-Verlauf. Das ist sinnvoll, denn bei anderen Patienten ist kein Nutzen nachgewiesen. Zudem ist über die Risiken des Präparats kaum etwas bekannt. Eine Verringerung der Sterblichkeit konnte bisher überhaupt noch nicht gezeigt werden.
Daher könnte man zunächst verstehen, warum Kritik am Preis von Remdesivir (ca. 2000 Euro/Behandlung) geäußert wird. Außerdem gibt es Forderungen, dem Hersteller gegebenenfalls das Patent zu entziehen, um bei der Bevorratung nicht von Gilead abhängig zu sein.
Die Kosten von Remdesivir sind im Vergleich zur denen der Hospitalisierung gering. Auch in Relation mit den anderen Kosten, die diese Krise verursacht hat und den Preisen, die wir für Medikamente in anderen Indikationen bereit sind zu zahlen, halte ich die Preiskritik von deutscher Seite für lächerlich. Für die Versorgung von ärmeren Ländern hat Gilead bereits eine Kooperation mit Generikaherstellern angekündigt.
Und es gibt weitere Gründe, sich mit Kritik an Gilead zurückzuhalten: Es war die Politik, die die Zulassung und den Einsatz des Medikaments so vehement gefordert und vorangetrieben hat. Unter anderen Umständen hätte das Medikament niemals so schnell eine Zulassung auf Basis von etwa 500 Verum-Patienten bekommen. Außerdem sendet man ein fatales Zeichen an die Entwickler von Impfstoffen, wenn man erst die schnellstmögliche Entwicklung haben möchte, sich dann jedoch empört, dass das Aktienunternehmen anschließend doch tatsächlich Geld für sein Produkt haben möchte.