Schützt Fischöl vor Diabetes?

Wohl eher nein. So jedenfalls lautet das Ergebnis einer umfassenden Analyse aus Großbritannien, die im August im British Medical Journal erschienen ist. Diäten mit einem erhöhten Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren hatten nur einen geringen oder keinen Einfluss auf den Glucosestoffwechsel und die Prävention von Typ-2-Diabetes.

„Fats fail to fight diabetes“

… so betiteln die Autoren im „Visual Abstract“ ihres Beitrags das Hauptergebnis ihrer Metaanalysen. In ihre Auswertung hatten sie etwa 80 randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) mit einer Dauer von mindestens 24 Wochen einbezogen, in denen die Auswirkungen einer Diät auf Diabetes-Diagnosen und Glucosestoffwechsel (Insulinresistenz, HbA1c, Nüchternglucose oder -Insulin) untersucht wurden. Berücksichtigt wurden Studien mit Diäten zugunsten mehrfach ungesättigter Fettsäuren (PUFA), darunter waren vor allem Studien, die den Einfluss von zusätzlichem langkettigem Omega-3 untersuchten, aber auch Studien mit α-Linolensäure, langkettigem Omega-6 oder Gesamt-PUFA. Die Zufuhr erfolgte in Form einer Nahrungsergänzung (als Öl, Lebensmittel oder Kapseln) oder in Form einer Diät.

Die Hauptergebnisse waren:

  • Langkettige Omega-3-Fettsäuren hatten keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit für eine Typ-2-Diabetes-Diagnose. Auch in Bezug auf den Glucosestoffwechsel ergab sich kein signifikanter Einfluss.
  • Welchen Einfluss Diäten zugunsten von α-Linolensäure, Omega-6 und Gesamt-PUFA auf eine mögliche spätere Typ-2-Diabetes-Diagnose haben, bleibt unklar. Für eine klare Aussage war den Autoren zufolge die Qualität der zugrundeliegenden Studien zu gering.
  • Der Glucosestoffwechsel wurde nur wenig bis gar nicht beeinflusst. α-Linolensäure konnte zwar zu höheren Nüchtern-Insulinwerten führen, aber auch hier stand die geringe Studienqualität einer abschließenden Aussage im Wege.
  • Aus den Analysen der Studien fand sich kein Hinweis, dass das Omega-3/Omega-6-Verhältnis das Diabetesrisiko oder den Glucosestoffwechsel beeinflusst.

Je mehr, desto schlechter?

Die Autoren bezogen in ihre Analysen auch Subgruppen ein, in denen unterschiedliche Dosierungen untersucht worden waren. Die Daten waren allerdings statistisch nicht signifikant und die Auswertung aufgrund der schlechten Vergleichbarkeit schwierig. Es deutete sich allerdings an, dass mehr als 4,4 g Omega-3-PUFA/Tag einen negativen Einfluss auf die Entwicklung eines Diabetes haben könnten.

Kommentar

Omega-3-Fettsäuren sind – zum Beispiel als Fischöl-Kapseln – ein beliebtes Nahrungsergänzungsmittel. Dass langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren für die Entwicklung und den Erhalt der Gesundheit unerlässlich sind, ist unbestritten. Ob und wie eine zusätzliche Zufuhr oder eine Diät zugunsten von PUFA im einzelnen vorbeugend für bestimmte Erkrankungen wirkt, ist jedoch größtenteils unklar.

So hatte im Bereich der Herzgesundheit eine Metaanalyse, die 2018 im JAMA erschien, keinen signifikanten Vorteil für Risikopatienten gefunden. In einem im Sommer 2019 erschienenen Review wurde langkettigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren hingegen ein leichter positiver Einfluss bescheinigt.

Auch, wenn eine Diät zugunsten von Omega-3-Fettsäuren zum Beispiel einen Einfluss auf den Cholesterinspiegel hat, wie in einem Cochrane-Review von 2008 zusammengetragen  – Typ-2-Diabetes kann sie wohl nicht verhindern. Bleiben wir hier also am besten einfach bei ausreichend Bewegung und einer gesunden, ausgewogenen Ernährung, oder?

AMT im November: Diabetologie-Schwerpunktheft

Mit dem Thema Diabetologie beschäftigen wir uns übrigens ausgiebig in der November-Ausgabe der AMT – unter anderem mit einem Beitrag zum Paradigmenwechsel in der Arzneimitteltherapie des Typ-2-Diabetes von Dr. Charlotte Wernicke und Prof. Dr. Knut Mai, Charité, Berlin.

Quelle

Brown TJ, et al. Omega-3, omega-6, and total dietary polyunsaturated fat for prevention and treatment of type 2 diabetes mellitus: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2019 Aug 21;366:l4697. doi: 10.1136/bmj.l4697.