Schützen Nahrungsergänzungsmittel das Herz?

Studien zur Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmittel und Diäten auf die Herzgesundheit gibt es viele – mit teils widersprüchlichen Ergebnissen. Einem aktuellen Review zufolge haben nur wenige der Interventionen einen signifikanten Effekt.

Licht ins Dunkel bringt sicher auch das nächste MMP-Web-Seminar am 3. September 2019 mit dem Experten Professor Dr. Martin Smollich. Er wird aktuelle Empfehlungen zur herzgesunden Ernährung zusammenfassen.

Der Nahrungsergänzungsmittel-Markt boomt

Antioxidanzien, Fischöl, Vitamin D – allein in Deutschland wurden im letzten Jahr 225 Millionen Nahrungsergänzungsmittel-Packungen verkauft – mit einem Umsatz von 1,44 Milliarden Euro, so der Lebensmittelverband Deutschland. Nahrungsergänzungsmittel sind nicht reguliert und unterliegen auch nicht der Aufsicht der Arzneimittelbehörden.

Verbraucher versprechen sich für ihre Gesundheit allerdings viel von der Einnahme, unter anderem den Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber können Nahrungsergänzungsmittel oder bestimmte Diäten der Entwicklung oder dem Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken? Das wurde bereits in vielen Studien untersucht – mit widersprüchlichen Ergebnissen.

Nur wenige Interventionen haben einen Einfluss

In ihrem Review analysierten die Autoren um Safi U. Khan aus den USA englischsprachige, randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs) und Metaanalysen randomisierter Studien, in denen die Auswirkung von Nahrungsergänzungsmitteln oder Diäten auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit oder auf kardiovaskuläre Ereignisse. Die bewerteten Interventionen enthielten 16 verschiedene Nahrungsergänzungsmittel. Zudem wurden acht verschiedene Diäten bewertet, darunter mediterrane Ernährung oder Gabe von Omega-3-Linolensäure oder langkettigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren.

Das Ergebnis: Für kaum ein Nahrungsergänzungsmittel oder eine Diät fand sich in den insgesamt 105 durchgeführten Metaanalysen ein eindeutiger Einfluss auf die Sterblichkeit oder auf die Herzinfarkt- sowie Schlaganfallhäufigkeit.
Einen Zusammenhang fanden die Autoren für folgende Nahrungsergänzungsmittel:

  • Bei Patienten mit arterieller Hypertonie konnte ein reduzierter Kochsalzkonsum das Risiko für die Herz-Kreislauf-Erkrankungs-bedingte Sterblichkeit senken (relatives Risiko 0,67).
  • Bei Menschen mit normalem Blutdruck verringerte ein reduzierter Kochsalzkonsum das allgemeine Sterberisiko deutlich schwächer (relatives Risiko 0,90)
  • Der Konsum langkettiger mehrfach ungesättigter Omega-3-Fettsäuren reduzierte leicht das Risiko, einen Myokardinfarkt oder eine koronare Herzkrankheit zu entwickeln (relatives Risiko 0,92 bzw. 0,93).
  • Die Einnahme von Folsäure war mit einem geringeren Schlaganfallrisiko verbunden (relatives Risiko 0,80).
  • Die Substitution von Calcium plus Vitamin D erhöhte hingegen das Schlaganfallrisiko (relatives Risiko 1,17).

Andere Nahrungsergänzungsmittel – beispielsweise Vitamin B6, Vitamin A, Multivitamine, Antioxidanzien sowie Eisen – oder eine reduzierte Fettaufnahme hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Sterblichkeit oder die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Ernüchternde Ergebnisse“

Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen, kommentiert die Ergebnisse des Reviews folgendermaßen:

„Die vorliegende große Metaanalyse mit fast einer Million Teilnehmern von randomisierten Studien und Metaanalysen ist ernüchternd, da sie mit ganz wenigen Ausnahmen keinen Einfluss von Nahrungsergänzungsmitteln oder diätetischen Maßnahmen auf die kardio- und zerebrovaskuläre Inzidenz und Mortalität zeigt.“

Berücksichtigt werden müsse allerdings, so Diener, dass es durchaus Personen und Patienten gibt, bei denen eine Substitution von bestimmten Vitaminen oder Mineralien notwendig ist. Dazu gehören Schwangere, Kinder mit Resorptions- und Essstörungen, Vegetarier und Veganer, Patienten mit Resorptionsstörungen oder Patienten, bei denen mögliche Interaktionen mit eingenommenen Medikamenten bestehen.

Den vollständigen Kommentar können Abonnenten der „Arzneimitteltherapie“ (AMT) in der Oktober-Ausgabe der AMT lesen. Sie erscheint am 4. Oktober 2019.

Zur Fortbildung: MMP-Web-Seminar am Dienstag, den 3. September 2019

MMP-WebinarWer sich auf den aktuellen Stand zum Thema bringen möchte, dem sei unser nächstes Web-Seminar der „Medizinischen Monatsschrift für Pharmazeuten“ (MMP) ans Herz gelegt: Der Experte Professor Dr. Martin Smollich, Lübeck, referiert am Dienstag, den 3. September 2019, von 20 bis 21 Uhr zum Thema „Herzgesunde Ernährung – Moderne Empfehlungen bei kardiovaskulären Erkrankungen“.

Die Teilnahme am MMP- Web-Seminar ist kostenfrei möglich und mit einem Fortbildungspunkt der Bundesapothekerkammer akkreditiert. Die Anmeldung erfolgt unter GoToWebinar.

Abonnenten der MMP erhalten zudem das Skript zum Web-Seminar und können sich die Aufzeichnung auch im Nachgang ansehen.

Quelle des Reviews

Khan SU, et al. Effects of nutritional supplements and dietary interventions on cardiovascular outcomes: An umbrella review and evidence map. Ann Intern Med published online July 9, 2019; doi:10.7326/M19–0341.