Bei Patienten mit früher symptomatischer Alzheimer-Krankheit und Amyloid- und Tau-Pathologie in der zerebralen Bildgebung kann der Antikörper Donanemab im Vergleich zu Placebo das klinische Fortschreiten nach 76 Wochen verlangsamen – zumindest unter den Teilnehmern mit niedrigem/mittlerem Tau. Patienten mit hoher Tau-Belastung profitierten nicht.
TRAILBLAZER-ALZ-2-Studie zeigt Vorteile …
Es gibt nur wenige wirksame Behandlungen für die Alzheimer-Krankheit. Donanemab soll bei Patienten im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit Amyloid-Plaques im Gehirn beseitigen. Ziel der TRAILBLAZER-ALZ-2-Studie war es, die Wirksamkeit und Sicherheit des Antikörpers zu bewerten. An der randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten, 18-monatigen Phase-III-Studie nahmen insgesamt 1736 Teilnehmer mit früher symptomatischer Alzheimer-Krankheit (leichte kognitive Beeinträchtigung/leichte Demenz) mit Amyloid- und niedriger/mittlerer oder hoher Tau-Pathologie auf Grundlage einer Positronen-Emissions-Tomographie (PET) teil.
Die Teilnehmer wurden in einem Verhältnis von 1:1 randomisiert und erhielten Donanemab (n = 860) oder Placebo (n = 876) intravenös alle vier Wochen über 72 Wochen. Die Teilnehmer in der Donanemab-Gruppe wurden verblindet auf Placebo umgestellt, wenn die Kriterien für die Beendigung der Therapie nach PET-Kriterien erfüllt waren. Der primäre Endpunkt war die Veränderung der integrierten Alzheimer Disease Rating Scale (iADRS) von Studienbeginn bis Woche 76. Es gab insgesamt 24 Endpunkte (primär, sekundär und explorativ), einschließlich der Veränderung im CDR-SB-Score (Clinical Dementia Rating-Sum of Boxes).
… für Patienten mit niedriger/mittlerer Tau-Belastung
Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 73,0 Jahren, 57% waren weiblich. 1182 der Teilnehmer hatten eine niedrige/mittlere Tau-Belastung im PET, 552 eine hohe Tau-Pathologie. Von den 24 Endpunkten waren 23 zugunsten von Donanemab statistisch signifikant.
- Der Mittelwert (LSM) der Veränderung des iADRS-Scores nach 76 Wochen betrug in der Population mit niedrigem/mittlerem Tau –6,02 in der Donanemab-Gruppe versus –9,27 in der Placebo-Gruppe (Differenz 3,25).
- In der Gesamtpopulation betrugen die Mittelwerte –10,2 unter Donanemab und –13,1 unter Placebo (Differenz 2,92).
- Die LSM-Veränderung im CDR-SB-Score nach 76 Wochen betrug in der niedrigen/mittleren Tau-Population 1,20 versus 1,88 (Differenz 0,67)
- In der Gesamtpopulation lagen die Werte bei 1,72 versus 2,42 (Differenz 0,7).
Amyloid-bezogene Bildgebungsanomalien wie Ödeme oder Mikroblutungen traten bei 205 Teilnehmern (24%; 52 symptomatisch) in der Donanemab-Gruppe und 18 (2%; 0 symptomatisch) in der Placebo-Gruppe auf. Infusionsbedingte Reaktionen traten bei 74 Teilnehmern (8,7 %) unter Donanemab und 4 (0,5%) unter Placebo auf. Drei Todesfälle in der Donanemab-Gruppe und einer in der Placebo-Gruppe wurden als behandlungsbedingt angesehen. Alle verstorbenen Patienten hatten eine Amyloidangiopathie im MRT.
Kommentar
Die Messung von Beta-Amyloid und phosphoryliertem Tau (P-tau) hat die Früherkennung und Biomarker-gestützte Diagnose der Alzheimer-Krankheit ermöglicht. Dieser Nachweis ist im Liquor, im Serum und mittels PET möglich.
Die erste Klasse von Arzneimitteln, die zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit in die Klinik gelangten, waren Beta-Amyloid-gerichtete monoklonale Antikörper, die an verschiedene Stellen der Beta-Amyloid-Aggregationskaskade binden. Der erste war Aducanumab, der 2021 in den USA zugelassen, aber aufgrund der divergierenden Studiendaten kaum verschrieben wurde. Im Juli 2023 wurde mit Lecanemab der zweite monoklonale Antikörper gegen Beta-Amyloid in den USA zugelassen. In der CLARITY-Studie zeigten Patienten mit mild cognitive impairment oder beginnender Alzheimer-Krankheit eine um 27 % langsamere Verschlechterung kognitiver Funktionen verglichen mit Placebo. Die Studie zeigte auch eine eindrucksvolle Reduktion von Beta-Amyloid im Amyloid-PET.
Donanemab als neue Option
Donanemab ist nun der dritte monoklonale Antikörper, der untersucht wurde. Einschlusskriterium in die TRAILBLAZER-Studie war der Nachweis von Beta-Amyloid und Tauprotein im PET. Die Patienten wurden danach stratifiziert, ob sie eine geringe oder mittelgradige Anreicherung von Tau-Protein (68 % der Teilnehmer) oder eine hohe Belastung im PET hatten. Nach 76 Wochen zeigte der Endpunkt in der Verum-Gruppe bei 35% eine Verlangsamung des Fortschreitens der Erkrankung verglichen mit 22% in der Placebo-Gruppe. Interessant war die Beobachtung, dass ein Therapieeffekt nur bei den Patienten nachweisbar war, die eine geringe oder mittelgradige Tauprotein-Belastung hatten. Das könnte daran liegen, dass bei Patienten mit hoher Tauprotein-Belastung die Krankheit bereits zu weit fortgeschritten war.
Bezogen auf die verwendeten funktionellen Skalen würde eine Behandlung mit Donanemab bei Patienten in der Gruppe mit niedriger oder mittelgradiger Tau-Belastung die Krankheitsprogression im Vergleich zu Placebo um 7,5 Monate verzögern. Eindrucksvoll war die Reduktion von Amyloid-Plaques im PET: Bei Dreiviertel der Patienten war kein Beta-Amyloid mehr nachweisbar. Auffällig war, dass sich im PET keine Veränderung im frontalen Kortex fand. Als paradoxer Effekt fand sich in der Verum-Gruppe eine ausgeprägte Verringerung des Gesamtgehirnvolumens und eine Ausweitung der Ventrikel im Vergleich zu Placebo.
Die Studie hatte darüber hinaus ein innovatives Design: Die PET-Untersuchung wurde nach 24 und 52 Wochen wiederholt. Bei Patienten unter Donanemab, bei denen sich eine ausgeprägte Reduktion des Beta-Amyloids fand, wurde die aktive Behandlung beendet und die Patienten auf Placebo umgestellt. Wie in den Studien zu anderen monoklonalen Antikörpern zeigten sich häufig amyloidbedingte Veränderungen in der Kernspintomografie (ARIA). Diese manifestieren sich entweder als Hirnödem oder als Mikroblutungen. Besonders bei Patienten mit Amyloidangiopathie ist dieses Risiko deutlich erhöht. Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos wurden Patienten mit Amyloidangiopathie ausgeschlossen. Patienten, die antikoaguliert wurden, durften hingegen teilnehmen.
Konsequenzen bei Zulassung in Europa
Sollte Donanemab in Europa zugelassen werden, ergeben sich erhebliche praktische Konsequenzen. Im Moment gibt es keine Infrastruktur, um für größere Patientenzahlen den Nachweis von Beta-Amyloid und Tauproteinen im PET nachzuweisen. Die Behandlungskosten selbst sind erheblich (in den USA 28.000 US-Dollar/Jahr) und es müssen regelmäßig kernspintomografische Kontrollen durchgeführt werden. Donanemab muss allerdings im Gegensatz zu Lecanemab nur alle vier Wochen und nicht einmal pro Woche infundiert werden. Unklar ist, welche Kontraindikationen für den Einsatz bestehen. Sehr wahrscheinlich müssten nicht nur Patienten mit Amyloidangiopathie, sondern auch Patienten, die antikoaguliert sind. Ob dies auch für Patienten unter Thrombozytenfunktionshemmern gilt, ist bisher nicht bekannt. Weiterhin ist unklar, ob eine Beendigung der Therapie bei Clearance von Beta-Amyloid und Tauproteinen im PET tatsächlich das weitere Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt oder ob zu einem späteren Zeitpunkt weitere Therapiezyklen notwendig sind.
Das größte Problem dürfte allerdings sein, ob die hier beobachtete, relativ geringe Verlangsamung des Fortschreitens der Erkrankung die erheblichen Kosten für Diagnostik, Therapie und Nachsorge rechtfertigt.
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