Orales Semaglutid bei Adipositas

Einmal täglich orales Semaglutid konnte in einer Studie bei Erwachsenen mit Übergewicht ohne Diabetes eine klinisch bedeutsame Gewichtsabnahme herbeiführen.

Hoffnungsträger für Übergewichtige

Das Antidiabetikum Semaglutid ist seit 2018 zur Behandlung des unzureichend kontrollierten Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen. 2022 folgte die Zulassung zum Gewichtsmanagement bei Menschen mit Adipositas oder Übergewicht und anderen damit verbundenen Erkrankungen. Der Wirkstoff zählt zu den Glucagon-like Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) und steigert die Insulinsekretion, verzögert die Magenentleerung, verbessert die Esskontrolle und verstärkt das Sättigungsgefühl.

Dass der Wirkstoff auch bei übergewichtigen und adipösen Nichtdiabetikern zu einem klinisch relevanten Gewichtsverlust führt, konnten vergangene Studien bereits zeigen. Bisher stand jedoch die subkutane Applikation des Wirkstoffs im Fokus. Nach positiven Ergebnissen zu oralen Dosierungen zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern wurden nun Daten zur oralen Anwendung bei Übergewichtigen ohne Diabetes veröffentlicht.

Im Durchschnitt 15% Gewichtsreduktion

667 Erwachsene ohne Diabetes mit einem Body Mass Index (BMI) von mindestens 30 kg/m² oder mindestens 27 kg/m² plus körpergewichtsbedingten Komplikationen und Komorbiditäten erhielten in der Phase-III-Überlegenheitsstudie einmal täglich 50 mg Semaglutid oral bzw. Placebo über 68 Wochen. Zusätzlich wurden Lebensstilinterventionen durchgeführt.

Im Durchschnitt verloren die Teilnehmer der Semaglutid-Gruppe 15,1% und jene der Placebo-Gruppe 2,4% an Körpergewicht, das ergab einen Behandlungsunterschied von −12,7 Prozentpunkten (95%-Konfidenzintervall [KI] −14,2 bis −11,3; p<0·0001).

85% versus 26% verloren mindestens 5% Gewicht

Die Teilnehmer konnten folgende Gewichtsreduktionen erreichen:

  • Mindestens 5%: 269 (85%) unter Semaglutid vs. 76 (26%) unter Placebo (Odds-Ratio [OR] 12,6; 95%-KI 8,5 bis 18,7; p<0,0001)
  • Mindestens 10%: 220 (69%) vs. 35 (12%) (OR 14,7; 95%-KI 9,6 bis 22,6)
  • Mindestens 15%: 170 (54%) vs. 17 (6%) (OR 17,9; 95%-KI 10,4 bis 30,7)
  • Mindestens 20%: 107 (34%) vs. 8 (3%) (OR 18,5; 95%-KI 8,8 bis 38,9).

Zudem konnten unter Semaglutid deutliche Verbesserungen bezüglich Taillenumfang und BMI sowie für kardiometabolischer Risikofaktoren, beispielsweise HbA1c, Lipidwerte und Blutdruck, erzielt werden. Leichte bis mittelschwere gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Verstopfung, Durchfall und Erbrechen traten bei 268 Teilnehmern (80%) unter Semaglutid und bei 154 (46%) unter Placebo auf.

Vergleichbar mit subkutaner Anwendung

Die Studienautoren sehen die Ergebnisse sowie die Sicherheitsparameter, die unter subkutaner Therapie mit 2,4 mg Semaglutid beobachtet wurden, auch bei der oralen Einnahme bestätigt. Sie erhoffen sich von zukünftigen Studien mit größeren Teilnehmerzahlen jedoch weitere Erkenntnisse, etwa zur Nachhaltigkeit der Behandlung über 68 Wochen hinaus. Momentan gehen sie davon aus, dass zur Aufrechterhaltung der erreichten Gesundheitsvorteile die medikamentöse Therapie ähnlich wie bei einer subkutanen Anwendung fortgesetzt werden muss.

Die orale Gabe könnte eine größere Akzeptanz als die Injektion per Pen erreichen und so eine wirksame Behandlungsoption darstellen. Die im Vergleich zur subkutanen Gabe um ein Vielfaches höhere Dosis ist der unterschiedlichen Bioverfügbarkeit geschuldet. Hierzu sollen Verbesserungsmöglichkeiten untersucht werden, um die orale Dosis herabsetzen zu können.

Neben Semaglutid stehen mit Orforglipron, Danuglipron und Lotiglipron weitere orale GLP-1-Rezeptoragonisten zur Diabetes- und Adipositastherapie in den Startlöchern. Der Wettlauf bleibt also spannend.

Quelle

Knop FK, Aroda VR, do Vale RD, Holst-Hansen T, et al. Oral semaglutide 50 mg taken once per day in adults with overweight or obesity (OASIS 1): a randomised, doubleblind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2023. Published online first. https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(23)01185-6/fulltext.