Wissenschaftler des Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie und der Universität Würzburg konnten kürzlich zeigen, warum Remdesivir gegen SARS-CoV-2 eher schwach wirkt. Ihre Ergebnisse haben sie in Nature Communications veröffentlicht.
Remdesivir blockiert nicht vollständig
Remdesivir wurde 2020 als erstes Arzneimittel bei COVID-19 unter Auflagen in der EU zugelassen, allerdings sind die Ergebnisse der Studien nicht so überzeugend wie erhofft.
Das Erbmaterial von SARS-CoV-2 besteht aus einer Kette von rund 30.000 RNA-Bausteinen. Remdesivir ähnelt in seiner Struktur RNA-Bausteinen. Die virale RNA-Polymerase baut die Substanz daher in die wachsende RNA-Kette ein. Dies soll die Vermehrung des SARS-CoV-2-Erregers in menschlichen Zellen unterdrücken.
Wie die Göttinger und Würzburger Forscher mit ihrer Arbeit in Nature Communications nun zeigen konnten, stört Remdesivir zwar die virale Polymerase während des Kopierens, es kann sie jedoch nicht vollständig hemmen.
Pause statt Blockade
Nach dem Einbau von Remdesivir in das virale Erbmaterial untersuchten die Wissenschaflter die Polymerase-RNA-Komplexe mithilfe biochemischer Methoden und Kryo-Elektronenmikroskopie. Sie fanden heraus, dass der Kopiervorgang genau dann pausiert, wenn sich die RNA-Kette nach dem Einbau von Remdesivir um drei weitere RNA-Bausteine verlängert hat. Einen vierten Baustein lässt die Polymerase nicht mehr zu.

„Das liegt an nur zwei Atomen in der Struktur von Remdesivir, die sich an einer bestimmten Stelle der Polymerase verhaken. Allerdings blockiert Remdesivir die RNA-Produktion nicht komplett. Oft arbeitet die Polymerase nach einer Fehlerkorrektur auch weiter“, erklärte Goran Kokic, einer der Erstautoren der Studie, in einer Pressemitteilung des MPI vom 13. Januar 2021.
Eine Animation der Wissenschaftler zeigt, wie das Covid-19-Medikament Remdesivir (violett) die RNA-Kopiermaschine des Coronavirus blockiert (Quelle: Hauke Hillen, Goran Kokic und Patrick Cramer / Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie):
Mithilfe der Ergebnisse zum Wirkungsmechanismus von Remdesivir erhofft man sich, die Substanz und ihre Wirkung gegenüber SARS-CoV-2 zu verbessern.
„Die jetzt angelaufenen Impfungen sind essenziell, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Aber wir müssen weiterhin auch wirksame Medikamente entwickeln, die im Fall von Infektionen den Krankheitsverlauf von Covid-19 mildern“, heißt es vonseiten des Direktors des Max-Planck-Instituts, Patrick Cramer.
Quelle
Kokic G, et al. Mechanism of SARS-CoV-2 polymerase inhibition by remdesivir. Nature Communications 12, 279 (2021), doi: 10.1038/s41467-020-20542-0.
Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie vom 13. Januar 2021, https://www.mpibpc.mpg.de/17620723/pr_2101