In einer Studie aus den USA und Kanada wurde untersucht, ob eine prophylaktische Hydroxychloroquin-Gabe eine COVID-19 Erkrankung verhindern kann, wenn man Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Das Ergebnis war ernüchternd. Doch die Studie hat auch Schwächen.
Lässt sich eine COVID-19-Erkrankung mit Hydroxychloroquin verhindern?
Sowohl Chloroquin als auch Hydroxychloroquin zeigen in Zellkulturen antivirale Eigenschaften für SARS-CoV-2. Fast alle bisher durchgeführten Studien mit Hydroxychloroquin wurden an SARS-CoV-2-infizierten Patienten in Krankenhäusern durchgeführt. Eine ungelöste Frage ist, ob sich durch Hydroxychloroquin eine COVID-19-Erkrankung verhindern lässt, wenn die entsprechende Person einem Infektionsrisiko durch Kontakt mit erkrankten Personen ausgesetzt war.
Es handelte sich um eine randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie in den USA und Kanada. In der Studie wurde untersucht, ob Hydroxychloroquin als Postexpositionsprophylaxe wirkt. Eingeschlossen wurden Erwachsene, die im Haushalt oder am Arbeitsplatz jemandem ausgesetzt waren, der eine nachgewiesene Infektion mit SARS-CoV-2 hatte. Der Kontakt musste über mehr als 10 Minuten bestehen und sowohl die Kontaktperson als auch die erkrankte Person trugen weder eine Gesichtsmaske noch einen Augenschutz. Innerhalb von vier Tagen nach der Exposition erhielten die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip entweder Placebo oder Hydroxychloroquin (einmalig 800 mg, gefolgt von 600 mg nach 6 bis 8 Stunden, dann 600 mg täglich für 4 zusätzliche Tage). Der primäre Endpunkt war die Inzidenz einer im Labor bestätigten SARS-CoV-2-Infektion oder Symptome, die mit COVID-19 vereinbar waren. Die Beobachtungszeit umfasste 14 Tage.
Kein Unterschied zwischen Hydroxychloroquin und Placebo
Für die Studie rekrutierte man 821 initial asymptomatische Teilnehmer mit Kontakt zu einem mit SARS-CoV-2 Infizierten. Sie waren im Mittel 41 Jahre alt und 51% waren weiblichen Geschlechts. 66% arbeiteten im Gesundheitssystem. 60% trugen keine speziellen Masken nach dem PPE(Personal protective equipment)-Standard. Die Zahl der Begleiterkrankungen war relativ gering. Nur 12% hatten eine arterielle Hypertonie und 3,5% Diabetes mellitus. Insgesamt berichteten 87,6% der Teilnehmer (719 von 821) über eine hochriskante Exposition gegenüber einem bestätigten COVID-19-Kontakt.
Die Inzidenz einer COVID-19-Neuerkrankung unterschied sich nicht signifikant zwischen Personen, die Hydroxychloroquin erhielten (49 von 414; 11,8%) und denjenigen, die Placebo bekamen(58 von 407; 14,3%). Die absolute Differenz betrug –2,4 Prozentpunkte (95%-Konfidenzintervall, –7,0 bis 2,2; p=0,35).
Nebenwirkungen traten unter Hydroxychloroquin häufiger auf als unter Placebo (40,1% vs. 16,8%). Die häufigsten Nebenwirkungen unter Hydroxychloroquin waren Übelkeit (23%), Durchfall und Erbrechen (23%), Schwindel, Kopfschmerzen und Ohrgeräusche. Es wurden aber keine schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen gemeldet.
Kommentar
Es handelt sich hier um die erste pragmatische Studie, in der untersucht wird, ob mit Hydroxychloroquin eine Postexpositionsprophylaxe der SARS-CoV-2-Infektion möglich ist. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Hydroxychloroquin hier nicht wirksam ist. Die Studie hat allerdings eine Reihe von methodischen Problemen. Die Rekrutierung erfolgte überwiegend über das Internet und die Studienmedikation wurde mit der Post verschickt. Bei einer Gesamtzahl von 13% der Teilnehmer, die COVID-19 entwickelten, wurde diese nur bei 3% durch eine entsprechende Labordiagnostik gesichert. Außerdem war die Adhärenz zur Studienmedikation nicht besonders gut. Im Gegensatz zu Therapiestudien wurden hier keine kardialen Nebenwirkungen von Hydroxychloroquin beobachtet, was sehr wahrscheinlich daran lag, dass eine relativ junge Population behandelt wurde. Welche Auswirkungen die Ergebnisse dieser Studien auf die über 60 derzeit noch laufenden Studien zur Vorbeugung von COVID-19 haben, ist nicht abzusehen.
Quelle
Boulware DR, et al. A Randomized Trial of Hydroxychloroquine as Postexposure Prophylaxis for Covid-19. N Engl J Med. 2020. doi: 10.1056/NEJMoa2016638.
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