COVID-19: Wenn Schmerzbehandlung der Pandemie zum Opfer fällt

Viele Schmerzpatienten schrecken durch Kontakteinschränkungen und Angst vor Ansteckung davor zurück, Termine beim Arzt oder Physiotherapeuten wahrzunehmen.

Aktionstag gegen den Schmerz

Gestern fand der Aktionstag gegen den Schmerz zum neunten Mal statt. Dieses Jahr konnten die über 150 beteiligten Einrichtungen jedoch keine Patientenveranstaltungen oder Tage der offenen Tür anbieten. Dafür stand jeden Mittwoch im Mai ein kostenloses Informationsangebot zur Verfügung, das über 2000 Anrufende in Anspruch nahmen. Auch am gestrigen Aktionstag konnte Betroffene eine kostenlose Telefonhotline in Anspruch nehmen.

Schutzschirm für Schmerzpatienten

Der Aktionstag gegen den Schmerz stand unter dem Motto „Schutzschirm für Schmerzpatienten“. Die Versorgung von Schmerzpatienten war in den letzten Wochen mangelhaft, so Professor Dr. med. Claudia Sommer, Präsidentin der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V., anlässlich der Online-Pressekonferenz des Aktionstages gegen den Schmerz. Seit Anfang März sind 75% der stationären Einrichtungen aufgrund der Covid-19-bedingen Einschränkungen für Schmerzpatienten geschlossen und 4000 bis 7000 Patienten nicht behandelt worden. Therapien wurden verschoben oder abgesagt und Treffen von Selbsthilfegruppen durften nicht stattfinden. Um Kollateralschäden der Covid-19-Bekämpfung zu minimieren, sollten Kliniken ihre Schmerzambulanzen schnell wieder hochfahren und Patienten ihre medizinische und psychologische Betreuung fortsetzen können.
Bei ca. 22 Millionen Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland sind etwa sechs Millionen Patienten stark beeinträchtigt. Mit etwa nur 1000 niedergelassenen, ambulant tätigen Schmerztherapeuten in Deutschland herrscht somit per se eine Unterversorgung.

Recht auf Schmerzfreiheit

Heike Norda, die 1. Vorsitzende der unabhängigen Vereinigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland (SchmerzLOS) e. V. fordert verstärkte Telefon- und Videosprechstunden, auch zum Beispiel bei der Physiotherapie. Rehasport sollte in Kleingruppen wieder stattfinden.
Eine Umfrageauswertung von SchmerzLOS e. V. mit 61 Teilnehmern ergab, dass 60% der Teilnehmer durch die Pandemie-bedingten Einschränkungen mehr Schmerzen hatten.
Bei manchen Patienten ist das Pflegepersonal der einzige Ansprechpartner. Hier gab Ruth Boche vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e. V. zu bedenken, dass so manche Beschwerden für viele Menschen im Vergleich zu dem Virus kaum Bedeutung finden. So bedankte sich eine Schmerzpatientin mit den Worten: „Vielen Dank für die Zeit, die sie sich genommen haben, obwohl ich nur Schmerzen und kein Corona habe.“ Hier könne aber auch ein Telefonat eine persönliche Visite nicht ersetzten. Dennoch muss die Digitalisierung vorangetrieben werden.

Digitale Angebote der Deutschen Schmerzgesellschaft

Die Deutsche Schmerzgesellschaft hat zahlreiche digitale Angebote wie Patienten-Flyer aktualisiert, die auf der Homepage bestellt oder heruntergeladen werden können.