COVID-19: Rheumapatienten nicht in Watte packen

Die bisherige Datenlage gibt Anlass zur Entwarnung: Patienten mit rheumatischen Erkrankungen werden nicht häufiger mit COVID-19 infiziert als andere Personen.

Rheumapatienten sind nicht gefährdeter

Auch zum Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion bei Rheumapatienten gibt es mittlerweile Auswertungen aus deutschen und auch europäischen Registern. Die Hospitalisierungsrate bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen ist nicht erhöht. Sie haben zwar ein höheres Risiko für einen schwereren Verlauf, doch waren die Rheumapatienten im Durchschnitt älter und litten unter weiteren Begleiterkrankungen.

Verschiedene Risikoprofile

Das bedeutet, dass man nicht alle Patienten miteinander vergleichen kann, so der ehemalige Präsident der European League Against Rheumatism (EULAR) Professor Dr. med. Gerd Burmester, Berlin. Auch Patienten mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises haben unterschiedliche Risikoprofile. Das eines 25-jährigen Athleten mit einer Psoriasis-Arthritis unter einer wirksamen Biologika-Therapie sei beispielsweise nicht mit dem einer älteren Dame mit einer autoimmunbedingten Lungenerkrankung zu vergleichen.

Wie steht es mit der Medikation?

Die Einnahme von Antirheumatika birgt kein erhöhtes Risiko für Komplikationen bei einer COVID-19-Infektion. Ausnahme: die Therapie mit hohen Glucocorticoid-Dosen (> 10 mg Prednsiolonäquivalente). Bei diesen Patienten müssen die behandelnden Ärzte bei einer Infektion über die Fortführung der Therapie beraten.
Methotrexat, das in der Therapie der rheumatoiden Arthritis nur in einer relativ niedrigen Dosierung einmal wöchentlich eingenommen wird, hat eine geringe immunsupprimierende Komponente. Bei Biologika wird sogar diskutiert, ob durch die Hemmung von Interleukin 1, 6 sowie TNF-α- überschießende Immunreaktionen und ein Zytokinsturm durch eine Coronavirus-Infektion vermieden werden könnte. Hierdurch wäre das Immunsystem gedämpft und die Lunge würde weniger geschädigt. Kontrollierte Studien hierzu sind allerdings nicht verfügbar.

Handlungsempfehlungen der EULAR zu COVID-19

Ähnlich ist es mit den aktuellen Empfehlungen der EULAR für die Behandlung von Menschen mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen (RMDs) zu COVID-19. Diese sind vollkommen Evidenz-frei, so Professor Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh), und Mitglied des wissenschaftlichen Komitees der EULAR. Sie beruhen vor allem auf Vorsicht und Sorgfalt:

  • Hygiene- und Abstandregeln sollten penibel eingehalten werden
  • Schutz/Vermeidung vor Kontakt mit potenziellen Virusträgern
  • Antirheumatika auf keinen Fall absetzten, da sonst die Gefahr einer Reaktivierung der entzündlichen rheumatischen Erkrankung besteht
  • Eine Glucocorticoidtherapie mit 5 mg Prednisolonäquivalenten weiterführen
  • Bei einer COVID-19-Infektion und entsprechenden Symptomen im Einzelfall entscheiden, ob eine Glucocorticoid-Therapie abgesetzt werden soll

In Kürze werden diese Empfehlungen auch auf der Website der EULAR abrufbar sein.

Umsicht statt Vorsicht

Wichtig ist, Patienten mit rheumatischen Erkrankungen die Angst zu nehmen. Sie sollten sich nicht in Watte packen und auf die Spitze eine Turms stellen, so Professor Schulze-Koops. Sie sind nicht gefährdeter, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, als andere Personen. Stattdessen sollten sie die allgemeinen Hygiene- und Abstandsregeln penibel einhalten sowie eine effektive Therapie fortführen. Begleiterkrankungen müssen adäquat behandelt werden.

EULAR-Kongress virtuell

Für den diesjährigen EULAR-Kongress, der in Frankfurt stattgefunden hätte, wurden ca. 14000 Teilnehmer erwartet. Stattdessen wird der Kongress virtuell stattfinden. Hierfür haben sich bereits rund 6000 Teilnehmer angemeldet. Einen Kongressbericht über die medizinischen Neuigkeiten in der Rheumatologie werden Sie in einer der nächsten Ausgaben der Medizinischen Monatsschrift für Pharmazeuten lesen können.

Quelle

Online-Pressekonferenz anlässlich des European E-Congress of Rheumatology 2020