Haematologie

CAR-T-Nebenwirkungen im Blut erstmals klar definiert

Die CAR-T-Zelltherapie hat sich für die Behandlung verschiedener Leukämien und Lymphome etabliert. Allerdings ist auch diese Therapieform mit mitunter starken Nebenwirkungen wie Zytopenien und Zytokinsturm assoziiert. Nun hat ein internationales Konsortium das Nebenwirkungsspektrum im Blut erstmals einheitlich definiert.

CAR-T-Zelltherapie gewinnt an Bedeutung

Die Therapie mit chimären Antigen-Rezeptor(CAR)-T-Zellen ist ein anspruchsvolles Verfahren: Mittels Apherese werden patientenspezifische T-Zellen gewonnen, die ex vivo mit viralen Vektoren genetisch modifiziert und dann vervielfältigt werden. Anschließend werden die veränderten Zellen dem Patienten wieder injiziert. Inzwischen sind mit Axicabtagen ciloleucel, Brexucabtagen autoleucel, Ciltacabtagen autoleucel, Idecabtagen vicleucel, Lisocabtagen maraleucel und Tisagenlecleucel sechs CAR-T-Zellpräparate zur Behandlung hämatoonkologischer Erkrankungen in Europa zugelassen. Weitere Präparate sind in der Entwicklung – auch für andere Indikationen wie dem systemischen Lupus Erythematodes.

Einer in der Regel guten Ansprechrate und Wirksamkeit stehen eine mitunter schnelle Resistenzentwicklung durch Antigenverlust, die vergleichsweise langen Herstellungszeiten und die derzeit noch sehr hohen Produktionskosten gegenüber. Hinzu kommt ein klassenspezifisches Nebenwirkungsprofil, das sich von dem konventioneller Immunchemotherapien unterscheidet. Es umfasst mitunter schwerwiegende Panzytopenien, das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS) und immunvermittelte Neurotoxizität (ICANS). Für CRS und ICANS sind die Diagnostik und Therapie bereits standardisiert.

Ein internationales Konsortium der European Hematology Association (EHA) und European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Kai Rejeski und Prof. Dr. Marion Subklewe, LMU Klinikum München, hat nun das Nebenwirkungsspektrum im Blut einheitlich definiert und gibt Behandlungsempfehlungen.

Neu definiert: Immune Effector Cell-Associated HematoToxicity (ICAHT)

Das Klassifizierungssystem zur Einstufung der ICAHT unterscheidet zwischen früher (Tag 0–30) und später (nach Tag +30) Zytopenie. Die Autoren geben detaillierte Empfehlungen zu Risikofaktoren, verfügbaren Bewertungssystemen vor der Infusion (z.B. CAR-HEMATOTOX-Score), zur diagnostischen Abklärung sowie Konsensempfehlungen für die Behandlung. Dazu gehören Empfehlungen zu Wachstumsfaktoren, antiinfektiöser Prophylaxe, Transfusionen, autologem hämatopoetischem Stammzell-Boost oder allogener hämatopoetischer Zelltransplantation.

So sollte der Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) bei Patienten mit niedrigen Blutwerten nicht angewandt werden, da er nach einer CAR-T-Zelltherapie entzündliche Toxizität fördern und eine Neuroinflammation induzieren kann. Bei Hochrisikopatienten kann eine frühe Gabe des Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktors (G-CSF) an Tag +2 in Betracht gezogen werden, um die Dauer der erwarteten schweren Neutropenie zu verkürzen. Therapeutisch kann G-CSF bei länger anhaltender schwerer Neutropenie ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Thrombopoietin(TPO)-Agonisten (z.B. Eltrombopag, Romiplostim) können vor allem bei Patienten mit längerer und später Thrombozytopenie in Betracht gezogen werden.

Bezüglich einer antiinfektiösen Prophylaxe bei Zytopenie empfiehlt das Expertengremium, die allgemeinen EHA/EBMT-Leitlinien für Patienten, die eine CAR-T-Zelltherapie erhalten, einzuhalten.

    • Eine neutropenische Diät zur Verringerung des Infektionsrisikos bei Patienten mit Neutropenie wird nicht empfohlen.
    • Antibakterielle Prophylaxe: Es wird eine risikoadaptierte Strategie empfohlen, die sich am CAR-HEMATOTOX-Score orientiert. Fluorchinolone werden für Patienten mit geringem Risiko für schwere ICAHT nicht empfohlen.
    • Antimykotische Prophylaxe: Um das Risiko einer invasiven Pilzerkrankung zu verringern, kann bei Patienten mit hohem Risiko für schweres ICAHT (Grad ≥ 3) z.B. Micafungin oder Posaconazol in Betracht gezogen werden, sobald die absolute Neutrophilenzahl < 500/μl fällt.

Die vollständigen Empfehlungen sind der Originalpublikation zu entnehmen.

Quelle

Rejeski K, et al. Immune effector cell–associated hematotoxicity: EHA/EBMT consensus grading and best practice recommendations. Blood 2023;142:865–77. https://doi.org/10.1182/blood.2023020578

Pressemitteilung des LMU Klinikums München vom 14. September 2023. CAR-T-Nebenwirkungen im Blut erstmals klar definiert.