Fettlebererkrankungen bei Kindern und Jugendlichen

Bei Adipositas und metabolischem Syndrom die Leber nicht vergessen! Schon unter jungen Menschen ist die Fettlebererkrankung weit verbreitet – und sollte frühzeitig behandelt werden.

Bereits in jungen Jahren ein Problem 

Schon Kinder und Jugendliche weisen vermehrt Adipositas und Fettlebererkrankungen auf, so beschrieb Prof. Dr. Susanna Wiegand, Berlin, auf dem diesjährigen Diabetes-Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) eine bedenkliche Entwicklung.

Im Rahmen des DDG-Symposiums „Kinder und Jugendliche mit Adipositas – Wie früh ist früh?“ sensibilisierte sie die Kongressteilnehmer für die lange vernachlässigte, aber sehr relevante Adipositas-Komorbidität nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD). Mittlerweile etabliere sich hierfür auch der Begriff „Metabolische (Dysfunktions-assoziierte) Fettlebererkrankung“. Diese ist gekennzeichnet durch makrovesikuläre Fetteinlagerungen bei mehr als 5 % der Leberzellen und kann bereits ab der Pubertät auftreten.

Übergewicht begünstigt NAFDL

Eine wichtige Autopsie-Studie mit über 700 verunfallten Kindern und Jugendlichen ergab bei knapp 10 % Veränderungen in der Leber, unter adipösen sogar bei 37 %. Bei diesen Veränderungen handelte es sich zu 87 % um NAFLD. Im Kontext der juvenilen Adipositas seien im Alter von 5 bis 18 Jahren bereits bis zu drei Transaminasen erhöht, berichtete Wiegand aus der pädiatrischen Adipositas-Ambulanz der Charité. So steige auch bei jungen Menschen, die an Gewicht zunehmen, das Risiko für NAFDL, die Autoren einer Studie errechneten eine Fibroseprogression von 6% pro Jahrzehnt. Wie im Erwachsenenalter drohen in Folge Insulinresistenz, Fibrose, Zirrhose und Leberkarzinome.

Etwa die Hälfte der adipösen Kinder und Jugendlichen zeigt bei Erstvorstellung mindestens eine Komponente des metabolischen Syndroms. Bei etwa einem Drittel besteht der Verdacht auf eine NAFLD.

Screening und frühe Intervention

Europäische Leitlinien empfehlen im Rahmen von Diabetes- und Adipositas-Screenings die Bestimmung von HbA1c, Alanin-Aminotransferase (ALT) und ergänzend eine Ultraschalluntersuchung. Ggf. könne eine Elastographie zur biopsiefreien Bestimmung von Lebersteifigkeit und Fibrosegrad zusätzlich dabei helfen, junge Fettleberpatienten zu identifizieren. Laut Wiegand sollte bei adipösen Kindern ab 10 Jahren, spätestens ab Beginn der Pubertät, solch ein Screening erfolgen, das außerdem möglichst alle Komponenten des metabolischen Syndroms umfasst. Zur endgültigen Bestätigung sei bei persistierende ALT-Erhöhung zudem eine breite Differenzialdiagnostik durch pädiatrische Hepatologie notwendig.

Softdrink-Verzicht bringt’s

Interventionen bei Ernährung und Bewegung sowie sehr vorsichtige medikamentöse (z.B. Metformin) oder bariatrische Behandlungsoptionen stellte Wiegand als Behandlungsoptionen vor. Eventuell habe darüber hinaus Vitamin E positive Wirkungen. Effektivste Basis- und evidenzbasierte leitliniengerechte Therapie sei die Lifestyle-Intervention, allen voran ein reduzierter Softdrink-Konsum und erhöhte körperliche Aktivität, mit dem Ziel der Gewichtsabnahme. Hierbei habe eine Kohlenhydrat-reduzierte Ernährung, insbesondere mit weniger freiem Zucker und Fructose, schon nach acht Wochen signifikante Effekte auf das Leberfett sowie auf den HOMA-Index  gezeigt, einen Marker für Insulinresistenz. In einer kleinen Studie erzielten mediterrane Ernährung und klassische fettarme Diät ebenfalls gute Effekte im Hinblick auf Gewichtsabnahme und Insulinsensitivität. Möglichkeiten einer zusätzlichen Pharmakotherapie der NAFLD seine (noch) nicht etabliert. Hier erwarte Wiegand aber einiges schon im nächsten Jahr.

 Quelle

Prof. Dr. Susanna Wiegand. NAFLD im Kontext der juvenilen Adipositas. Diabetes-Kongress 2023 (DDG) am 17. bis 20. Mai 2023.