Parkinsonmedikament Ropinirol auch für ALS?

Ropinirol ist bereits seit Langem zur Behandlung von Morbus Parkinson zugelassen. Ob sich der Dopaminagonist auch zur Therapie der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) eignet, wurde nun in einer frühen klinischen Studie untersucht.

ALS: unmet medical need

Die amyotrophe Lateralsklerose ist eine neurodegenerative, meist rasch progrediente Erkrankung. Vorherrschende Symptome sind kontinuierlich fortschreitende Paresen und Atrophien der Extremitätenmuskulatur. Der Erkrankungsbeginn liegt meist in der zweiten Lebenshälfte. Die überwiegende Mehrheit der Patienten ist von der „sporadischen ALS“ betroffen, deren Ursache unklar ist. Seltener ist die ALS erblich bedingt („familiäre ALS“).

Für Patienten mit ALS ist in Deutschland als krankheitsmodifizierendes Arzneimittel derzeit nur Riluzol zugelassen. Es kann den Krankheitsprozess verzögern. Außerhalb der EU ist zudem das Antioxidans Edaravon zugelassen.

Der Bedarf an neuen krankheitsmodifizierenden Therapeutika ist groß. Derzeit sind zahlreiche Wirkstoffe in verschiedenen Stadien der klinischen Prüfung, darunter kleinmolekulare Wirkstoffe wie Masitinib, Rasagilin, Ravulizumab, Arimoclomol oder Phenylbutyrat/Tauroursodeoxycholsäure sowie Antisense-Oligonukleotide. Zunächst vielversprechende Daten aus Phase-II-Studien ließen sich jedoch in Phase-III-Studien nicht verifizieren, darunter neben Edaravon zum Beispiel Dexpramipexol.

Phase I/IIa-Studie zeigt Sicherheit von Ropinirol bei ALS …

In einer Phase I/IIa-Studie mit 20 Patienten mit sporadischer ALS aus Japan wurde nun der Dopaminagonist Ropinirol auf Sicherheit und Wirksamkeit bei ALS untersucht.

Die Patienten erhielten 2:1 randomisiert zunächst verblindet entweder Ropinirol über 24 Wochen (Initialdosis: 2 mg/Tag; maximale Erhöhung auf 16 mg/Tag; n=13) oder Placebo (n=7). An die Doppelblindphase schloss sich für 4 bis 24 Wochen eine offene Verlängerungsphase an.

Unerwünschte Ereignisse waren in den beiden Gruppen ähnlich.

… doch was ist mit der Wirksamkeit?

Während der Doppelblindphase blieben Muskelkraft und tägliche Aktivität bei den Patienten erhalten. Zwischen Verum- und Placebo-Arm gab es jedoch keinen signifikanten Unterschied in der Verschlechterung des Funktionsstatus (Revised Amyotrophic Lateral Sclerosis Functional Rating Scale, ALSFRS-R):

  • Ropinirol: –5,36 Punkte (95%-Konfidenzintervall [KI] –8,09 bis –2,64)
  • Placebo: –6,82 Punkte (95%-KI –10,54 bis –3,10)
  • Unterschied: 1,46 Punkte (95%-KI: –3,15 bis 6,07)

Erst in der offenen Verlängerungsphase, in der alle Patienten Ropinirol erhalten konnten, zeigte sich ein signifikanter Einfluss auf den ALSFRS-R:

  • Ropinirol-Gruppe: –7,46 (95%-KI –10,66 bis –4,63)
  • ehemalige Placebo-Gruppe: –17,51 (95%-KI –22,46 bis –12,56)
  • Unterschied: 9,86 Punkte (95%-KI 4,07 bis 15,66)

Zudem war das krankheitsprogressionsfreie Überleben in der Ropinirol-Gruppe länger. Allerdings beendeten nur sechs Patienten aus der Ropinirol-Gruppe und ein Patient aus der Placebo-Gruppe die Studie.

Limitationen der Studie ergeben sich nicht nur durch die kleine Patientenzahl, sondern auch durch Unterschiede in den beiden Gruppen. Die Teilnehmer der Verum-Gruppe waren länger erkrankt als die der Placebo-Gruppe (median 24 vs. 17 Monate) und hatten möglicherweise von vornherein einen langsameren Krankheitsverlauf.

Ob sich mit höheren Teilnehmerzahlen und längerer Laufzeit eindeutigere Wirksamkeitsergebnisse erzielen lassen, müssen größere (Phase-III-)Studien zeigen.

Quelle

Morimoto S, et al. Phase 1/2a clinical trial in ALS with ropinirole, a drug candidate identified by iPSC drug discovery. Cell Stem Cell Jun 1 2023;30:766–80. https://doi.org/10.1016/j.stem.2023.04.017.