COVID-19; Originalbild: Eisenhans/Adobe Stock

Woher stammt SARS-CoV-2? Ein Update

Einem neuen BioRxiv-Preprint zufolge soll SARS-CoV-2 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch natürliche Evolution entstanden sein. Ist das Virus nun doch aus einem Labor entwischt? Experten der Würzburger Universitätsmedizin haben sich die Publikation genauer angesehen und erhebliche methodische Schwachstellen entdeckt.

Fledermäuse oder Labor: Welchen Ursprung hat SARS-CoV-2?

Seit Anbeginn der Corona-Pandemie versuchten Wissenschaftler herauszufinden, woher SARS-CoV-2 stammen könnte. Auch für Verschwörungstheoretiker bot die unbekannte Herkunft des Virus einen hervorvorragenden Nährboden für diverse Theorien. Mein Kollege hatte bereits vor zwei Jahren die bis dahin bekannten Fakten zur Herkunft des COVID-19-Erregers zusammengetragen. Für eine künstliche Herkunft – also die Labortheorie – sprach damals wenig.

Nun haben drei Autoren aus Würzburg und den USA eine Arbeit als Preprint auf BioRxiv publiziert, die eine „synthetische Entstehung von SARS-CoV-2 und dessen Freisetzung im Rahmen eines Laborunfalls nahelegen“ soll. Auf BioRxiv werden Arbeiten vor ihrer Begutachtung veröffentlicht, um Forschungsergebnisse schnell der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Ein Team um Prof. Dr. med Lars Dölken von der Universitätsmedizin Würzburg hat den Preprint begutachtet und sieht gravierende Mängel in der Methodik der Arbeit.

Wie lautet die Aussage des Preprints?

Kernaussage des Preprints ist, dass das Genom von SARS-CoV-2 ein auffälliges Muster an Schnittstellen für die Restriktionsenzyme BsaI und BsmBI aufweist. Solche Restriktionsenzyme werden unter anderem dafür eingesetzt, Genome von Coronaviren, die man aus Tieren wie Fledermäusen gewonnen hat, zu klonieren und erforschbar zu machen.

Das auffällige Muster soll darauf hinweisen, dass das Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch natürliche Evolution entstanden ist. Mithilfe statistischer Analysen kommen die Autoren des Preprints zu dem Schluss, dass SARS-CoV-2 demzufolge höchstwahrscheinlich im Zuge eines Reverse-Genetik-Verfahrens in einem Forschungslabor entstanden sein soll.

Wie lautet das Ergebnis der wissenschaftlichen Beurteilung des Preprints?

Diese statistischen Methoden und die daraus gefolgerten Aussagen zur Herkunft kritisieren nun die Würzburger Wissenschaftler nach ihrer Begutachtung. Insgesamt sei die Arbeit zwar sorgsam ausgearbeitet und erfülle „die grundlegenden wissenschaftlichen Anforderungen insbesondere im Hinblick auf eine einwandfreie und transparente Darstellung der verwendeten Methodik“. Die dargestellten Analysen sollen jedoch erhebliche methodische Schwachstellen aufweisen, in deren Folge „wesentliche Schlussfolgerungen der Autoren einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten bzw. überinterpretiert wurden“. Aus den in der Studie vorgelegten Analysen ergebe sich keine sichere Evidenz für die von den Autoren formulierte Schlussfolgerung, dass SARS-CoV-2 synthetischen Ursprungs sei. Anders als von den Autoren behauptet, kann das gefundene Schnittstellenmuster auch natürlich entstanden sein: Ähnliche Muster finden sich auch bei eng mit SARS-CoV-2 verwandten Coronaviren, die jedoch in die Analysen nicht mit einbezogen wurden.

Die Frage nach dem genauen Ursprung von SARS-CoV-2 bleibt also weiterhin offen – und damit wohl leider auch der Platz für wilde Spekulationen.

Quellen