Hormonelle Langzeittherapie bei Endometriose

Eine suffiziente Hormontherapie ist ein wichtiger Baustein der Endometriose-Behandlung. Prof. Dr. Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums der Charité, erläuterte beim Schmerz- und Palliativtag 2022, warum kombinierte orale Kontrazeptiva nicht Mittel der ersten Wahl sind und welche Wirkstoffe mehr Erfolg versprechen.

Häufige, aber wenig bekannte Erkrankung

Etwa 176 Millionen Frauen weltweit sind von einer Endometriose betroffen, trotzdem ist die Krankheit relativ unbekannt. Bei der Erkrankung tritt gebämutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle auf. Betroffene haben unter anderem mit starken immer wiederkehrenden Schmerzen zu kämpfen.

Ein wichtiger Baustein einer multimodalen Endometriose-Therapie neben einer adäquaten Schmerztherapie, eventuellen Operationen und nichtmedikamentösen Maßnahmen ist die hormonelle Langzeittherapie.

Präparate zur hormonellen Endometriose-Behandlung

First line: POP

Mittel der ersten Wahl sind sogenannte POP („Progesteron only Pillen“). In Deutschland ist für diese Indikation Dienogest zugelassen.

Das Prinzip der Therapie ist ein Estrogenentzug, denn die Endometriose ist eine estrogenabhängige Erkrankung. Die Läsionen verhalten sich genauso wie normale Gebärmutterschleimhaut: Sie wachsen mit steigendem Estrogenspiegel.

Ziel: keine Blutung! Keine Estrogene, keine Schleimhaut, Inaktivität der Läsion.

Gerade bei jungen Frauen kann es unter der Therapie zu funktionellen Zysten und damit wieder zum Anstieg des Estrogenspiegels kommen. Die Folge sind Zwischen- oder Schmierblutungen, die wiederrum schmerzhaft sein können. Tritt dies unter Dienogest auf, kann eine Dosisanpassung helfen. Statt einmal täglich 2 mg Dienogest wird die Dosis morgens und abends eingenommen und der Estrogenspiegel kontrolliert.

Second line

Bei Therapieversagen können (second line) Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten (GnRHa) verordnet werden, die reversible künstliche Wechseljahre auslösen. Diese können bis zu einem Jahr ohne zusätzliche Hormonersatztherapie eingenommen werden. Bei starken Nebenwirkungen sollte aber eine Hormonersatztherapie angeboten werden. Sind die Eierstöcke weiterhin aktiv, können off Label noch Aromatasehemmer addiert werden.

Bei manchen Frauen müssen wir uns große Mühe geben, sie hormonell exakt einzustellen, damit die Endometriose Ruhe gibt.

Ebenfalls erwogen werden sollte die zusätzliche Anwendung einer hormonfreisetzenden Spirale (Levonorgestrel).

Nicht ideal: Kombinierte orale Kontrazeptiva

Kombinierte orale Kontrazeptiva sind nicht Mittel der ersten Wahl und auch für die Indikation nicht zugelassen, der Einsatz bei Endometriose erfolgt off Label. Sie sind jedoch trotzdem eine Option, wenn Patientinnen Dienogest nicht vertragen.

Nachteilig ist das erhöhte Thromboserisiko gegenüber reinem Dienogest. Außerdem ist bisher nicht bekannt, ob die Läsionen nicht unter dieser Therapie trotzdem weiterwachsen, was laut Mechsner sogar wahrscheinlich ist. Es kann sein, dass das zugeführte Estrogen die Läsionen stimuliert. Frauen haben häufig unter der Einnahme trotzdem noch Schmerzen.

Das gilt vor allem, wenn die kombinierten Präparate zyklisch, also mit einwöchiger „Pillenpause“ und Abbruchsblutung, eingenommen werden. Vorzugsweise sollten sie also durchgängig eingenommen werden.

Quelle

Prof. Dr. Sylvia Mechsner, Berlin: Endometriose in der Schmerzmedizin. Schmerz- und Palliativtag 2022, 22. bis 26. März 2022, virtuell.