Endometriose ist nach wie vor ein unterrepräsentiertes Thema in der Frauengesundheit. Dabei leiden 10 bis 15 % der Frauen im gebärfähigen Alter unter dem „Gewebe auf Abwegen“. Auf dem pharmazeutischen eKongress der diesjährigen Interpharm, die vom 5. bis 8. Mai 2021 stattfand, stellte Frau Prof. Dr. Sylvia Mechsner Behandlungsmöglichkeiten vor.
Schmerzen, Unfruchtbarkeit, Organzerstörung
Weltweit leiden etwa 176 Millionen Frauen unter Endometriose – in unterschiedlichen Ausprägungen. Je eher die Beschwerden beginnen, desto schwerer ist meist die Endometriose. Die Diagnose ist nur laparoskopisch möglich – vor allem, was Bauchfellherde betrifft, doch oft lässt sich schon mit einem einfachen Ultraschall erkennen, ob sich Gebärmuttergewebe auf Abwegen befindet. Viele Patientinnen haben allerdings bereits viele Leidensjahre und Arzttermine hinter sich, ehe die richtige Diagnose gestellt wird. Das liegt unter anderem an den oft unspezifischen Symptomen. So kann beispielsweise ein Zwerchfellbefall zu Schulterschmerzen führen.
Leitsymptome der Endometriose sind
- Schmerzen
- Regelschmerzen (> 6, oft 8 bis 9 auf der visuellen Analogskala, therapieresistent)
- Chronische Unterbauchschmerzen (zyklisch oder azyklisch)
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang oder Wasserlassen
- Unerfüllter Kinderwunsch
Daneben gibt es zahlreiche unspezifische Symptome:
- Blasenbeschwerden
- Unspezifische Darmbeschwerden, zyklische Diarrhö, Obstipation, „Reizdarm-Symptome“
- Schmierblutungen, starke Blutungen
- Vegetative Begleiterscheinungen: Übelkeit, Erbrechen, Magenbeschwerden
- Kopfschmerzen, Schwindel
- Schmerzen um den Eisprung
- Unregelmäßige Unterbauchschmerzen
- Rückenschmerzen
- Ausstrahlung in die Beine
- Chronische Erschöpfung
- Schmerzen in jeglicher Form
Die einhergehenden Schmerzen lassen sich „meist nicht mit ein bis zwei Ibuprofen auflösen“. Wichtig, so Mechsner, ist, Schmerzen früh und effektiv zu behandeln, bevor sie durch das Schmerzgedächtnis verstärkt werden.
Therapie: multimodal und personalisiert
Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung und nach organerhaltender Operation beträgt die Rezidivrate etwa 10 % pro Jahr.
Zur Therapie stehen je nach Ausprägung verschiedene Optionen zur Verfügung – von einer operativen Entfernung des fehlgeleiteten Gewebes über Ernährungsumstellungen, manuelle Therapien/Muskelentspannung oder komplementäre Verfahren bis hin zur medikamentösen Therapie inkl. mulitmodaler Schmerztherapie.
Für eine hormonelle – symptomatische – Therapie kommen Gestagene in Form von Gestagenmonopräparaten, kombinierter Pille oder Hormonspirale infrage, außerdem GnRh-Analoga. In Studien werden zudem Aromatasehemmer und andere Substanzen getestet. „Östrogenfreiheit“ führt dazu, dass keine Gebärmutterschleimhaut aufgebaut werden kann, die Läsionen bleiben inaktiv.
Als Schmerzmittel können Ibuprofen, Naproxen oder Novalgin eingesetzt werden, ergänzend wirken Buscopan und Magnesium krampflösend. Auch CBD-Öl (10%) kann unter Umständen helfen. Wichtig für die Schmerztherapie ist Mechsner zufolge, nicht auf den Schmerzpeak zu warten, sondern frühzeitig anzufangen. Opiate sollten vermieden werden. Bei neuropathischen Schmerzen kann auch Gabapentin hilfreich sein. Sind die Schmerzmittel nicht ausreichend, sollte ein Schmerzzentrum aufgesucht werden.
Hormontherapien und Schmerzmedikation sollten optimal sein – das ist die halbe Miete, um einem chronischen Schmerzsyndrom vorzubeugen.
Quelle
Prof. Dr. med Sylvia Mechsner, Endometriose – Gewebe auf Abwegen unter Kontrolle bringen? Vortrag auf der Interpharm 2021, 7. Mai 2021, veranstaltet von der Mediengruppe Deutscher Apotheker Verlag