COVID-19; Originalbild: Eisenhans/Adobe Stock

Therapie der thrombotischen Thrombozytopenie nach Impfung

Patienten mit impfungsinduzierter, immunvermittelter, thrombotischer Thrombozytopenie können mit hochdosierten Immunglobulinen behandelt werden. Wenn diese nicht wirksam sind, ist die Plasmapherese eine weitere Option.

Impfinduzierte Thrombozytopenie

Als extrem seltene Komplikation einer COVID-19-Impfung mit Vektorimpfstoffen wie dem von AstraZeneca oder Johnson & Johnson kann es zur Bildung von Antikörpern gegen den Plättchenfaktor 4 auf Thrombozyten kommen und als klinische Folge zu einer thrombotischen Thrombozytopenie (Vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia, VITT). Diese führt am häufigsten zu zerebralen Sinusvenenthrombosen, kann aber auch in anderen Stromgebieten venöse oder arterielle Thrombosen verursachen. Zur initialen Therapie werden Nicht-Heparin-Antikoagulanzien wie Argatroban empfohlen. Weitere Therapieempfehlungen umfassen die Gabe von Immunglobulinen und eine Plasmapherese (Austausch des Blutplasmas durch Plasmaseparation), wobei es hierfür bisher nur Einzelfallberichte gibt.

Einsatz von Immunglobulinen und Plasmapherese

Zwei aktuelle Publikationen im New England Journal of Medicine berichten über die therapeutische Wirkung der Gabe von Immunglobulinen beziehungsweise der Plasmapherese.

Bourguignon et al. [1] beschreiben das Ansprechen auf eine hochdosierte Therapie mit Immunglobulinen (IVIG) der ersten drei Patienten, bei denen in Kanada eine VITT nach Impfung mit dem ChAdOx1-nCoV-19-Impfstoff von AstraZeneca auftrat. Die Patienten waren zwischen 63 und 72 Jahre alt. Zum Zeitpunkt der Publikation hatte Kanada die Verwendung des ChAdOx1-nCoV-19-Impfstoffs auf Personen im Alter von 55 Jahren oder älter beschränkt. Dies geschah aufgrund von Berichten, dass eine VITT hauptsächlich bei jüngeren Personen aufgetreten war. Zwei der Patienten hatten eine Thrombose in den Extremitätenarterien; der dritte hatte zerebrale, venöse und arterielle Thrombosen.
Die Autoren beobachteten variable Muster der Serum-induzierten Thrombozytenaktivierung als Reaktion auf Heparin und Thrombozytenfaktor 4 (PF4). Nach der Gabe hochdosierter Immunglobuline wurde bei allen drei Patienten eine reduzierte Antikörper-induzierte Thrombozytenaktivierung im Serum festgestellt.

Die Studie von Patriquin et al. [2] berichtet über drei Patienten mit VITT nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff. Alle Teilnehmer hatten eine persistierende Thrombozytopenie und progrediente Thrombosen trotz einer initialen Antikoagulation. Bei allen Patienten war erfolglos eine Behandlung mit Immunglobulinen erfolgt. Sie hatten sowohl arterielle wie venöse Thrombosen. Alle erhielten unter Argatroban-Schutz Plasmaseparationen. Die Zahl der Plasmaseparationen lag zwischen fünf und sieben.
Bei allen drei Patienten kam es zu einer klinischen Verbesserung, einem Anstieg der Thrombozytenzahlen und einer signifikanten Reduktion der D-Dimere. Mit der Plasmaseparation steht daher eine Therapieoption zur Verfügung für Patienten, bei denen Immunglobuline zur Behandlung der VITT nicht wirksam sind.

Kommentar

Die impfinduzierte, immunvermittelte, thrombotische Thrombozytopenie wurde bisher fast ausschließlich nach Impfungen mit Vektorimpfstoffen gegen COVID-19 beobachtet. Das Risiko ist außerordentlich gering und das Risiko einer COVID-19-Infektion ungleich höher. Darüber hinaus kann auch die COVID-19-Infektion zu arteriellen und venösen Thrombosen führen. Die beiden Fallberichte aus Kanada zeigen, dass die Behandlung sowohl mit Immunglobulinen wie auch mit einer Plasmapherese erfolgreich durchgeführt werden kann.

Quellen

1. Bourguignon A, et al. Adjunct immune globulin for vaccine-induced thrombotic thrombocytopenia. N Engl J Med published online June 9, 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2107051.
2. Patriquin CJ, et al. Therapeutic plasma exchange in vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia. N Engl J Med published online July 7, 2021; doi: 10.1056/NEJMc2109465.

Autor

Foto Prof. Diener
Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener. Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE).