In einer kleinen offenen, randomisierten, kontrollierten Studie wurde das Glucocorticoid Budesonid als Spray zur Behandlung der frühen Phase der COVID-19-Erkrankung untersucht. Die Therapie reduzierte im Vergleich zur üblichen Behandlung die Notwendigkeit, eine Notaufnahme aufzusuchen, stationär im Krankenhaus aufgenommen zu werden sowie die Zeit bis zur Erholung von der COVID-19-Erkrankung.
Warum könnte Budesonid wirken?
Es besteht nach wie vor eine dringende Notwendigkeit, eine COVID-19-Erkrankung in der Akutphase erfolgreich zu therapieren. Fast alle bisher durchgeführten Therapiestudien konzentrierten sich aber auf Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Manifestation der Erkrankung.
Epidemiologische Studien hatten in der Vergangenheit gezeigt, dass möglicherweise Patienten, die unter einem Asthma bronchiale leiden oder Patienten mit einer COPD weniger häufig wegen einer COVID-19-Erkrankung im Krankenhaus aufgenommen werden. Ursache hierfür könnte sein, dass diese beiden pulmonalen Erkrankungen sehr häufig mit Glucocorticoiden in Inhalationsform (Spray) behandelt werden. Darüber hinaus ist die einzige überzeugende Therapie der schweren COVID-19-Erkrankung bisher die Gabe von Dexamethason.
Kleine Studie …
Es handelte sich um eine offene, randomisierte und kontrollierte Phase-II-Studie (Steroids in COVID-19; STOIC).
Eine der beiden Parallelgruppen erhielt Budesonid zur Inhalation. Die andere Gruppe therapierten die Ärzte nach dem üblichen Schema für Erwachsene nach dem Auftreten von leichten COVID-19-Symptomen innerhalb von 7 Tagen.
Die Studie wurde im Bezirk Oxfordshire in Großbritannien durchgeführt. Es erfolgte eine Stratifizierung nach Alter (≤40 Jahre oder >40 Jahre), Geschlecht (männlich oder weiblich) und Anzahl der Komorbiditäten (≤1 und ≥2).
Budesonid-Trockenpulver wurde mit einem Turbohaler in einer Dosis von 800 μg pro Applikation verabreicht. Die Teilnehmer wurden gebeten, zwei Inhalationen zweimal täglich bis zum Abklingen der Symptome der COVID-19-Erkrankung zu verwenden.
Der primäre Endpunkt war der COVID-19-bedingte Besuch einer Notaufnahme eines Krankenhauses oder eine stationäre Aufnahme in ein Krankenhaus.
Sekundäre Endpunkte waren die selbstberichtete klinische Genesung (Symptomfreiheit), Symptome der COVID-19-Erkrankung, gemessen mit dem Common Cold Questionnare (CCQ) und dem InFLUenza Patient Reported Outcome Fragebogen (FLUPro), Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung im Blut und die SARS-CoV-2-Viruslast.
Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, nachdem eine unabhängige statistische Überprüfung ergeben hatte, dass sich die Studienergebnisse bei weiterer Durchführung nicht verändern würden.
… mit deutlichen Ergebnissen
Vom Juli bis Dezember 2020 wurden 167 Teilnehmer rekrutiert und 21 wurden ausgeschlossen. Von den verbliebenen 146 Teilnehmern wurden nach dem Zufallsprinzip 73 zur üblichen Behandlung und 73 zu Budesonid randomisiert.
- In der Per-Protocol-Population (n=139) trat der primäre Endpunkt bei zehn (14%) von 70 Teilnehmern in der Kontroll-Gruppe und bei einem (1 %) von 69 Teilnehmern in der Budesonid-Gruppe auf (p=0,004). In der Intention-to-treat-Population (ITT) trat der primäre Endpunkt bei 11 (15%) Teilnehmern in der Kontroll-Gruppe und bei zwei (3%) Teilnehmern in der Budesonid-Gruppe auf (p=0,009).
- Die Number needed to treat (NNT), die mit inhalativem Budesonid behandelt werden musste, um eine Verschlechterung der COVID-19 zu verhindern, betrug acht.
- Die klinische Erholung war in der Budesonid-Gruppe um einen Tag kürzer als in der Gruppe mit üblicher Behandlung (Median 7 Tage, 95%-Konfidenzintervall [KI] 6 bis 9) in der Budesonid-Gruppe vs. 8 Tage (95%-KI 7 bis 11 Tage) in der Gruppe mit üblicher Behandlung (Log-Rank-Test p=0,007).
- Der mittlere Anteil der Tage mit Fieber in den ersten 14 Tagen war in der Budesonid-Gruppe niedriger (2%) als in der Kontroll-Gruppe (8%, Wilcoxon-Test p=0,051).
- In der Budesonid-Gruppe hatten weniger Teilnehmer persistierende Symptome an den Tagen 14 und 28 im Vergleich zu Teilnehmern, die die übliche Behandlung erhielten (Unterschied 0,204, 95%-KI 0,075 bis 0,334; p=0,003).
- Die mittlere Veränderung des Gesamtscores der CCQ- und FLUPro-Skalen über 14 Tage war in der Budesonid-Gruppe signifikant besser (CCQ mittlere Differenz -0,12; 95%-KI -0,21 bis -0,02; p=0,016; FLUPro mittlere Differenz -0,10; 95%-KI -0,21 bis -0,00; p=0,044).
- Die Sauerstoffsättigung im Blut und die SARS-CoV-2-Belastung unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen.
Budesonid wurde gut vertragen. Nur fünf (7%) Teilnehmer berichteten über selbstlimitierende unerwünschte Arzneimittelwirkungen.
Zusammengefasst reduzierte die frühe Verabreichung von inhalativem Budesonid die Wahrscheinlichkeit, dass eine dringende medizinische Versorgung benötigt wurde. Zudem reduzierte sie die Zeit bis zur Genesung bei einer COVID-19-Erkrankung im Frühstadium.
Kommentar
Man muss unsere Kolleginnen und Kollegen in Großbritannien immer wieder dafür bewundern, wie schnell sie therapeutische Konzepte in randomisierte Studien umsetzen. Grundlage der hier referierten Studie war die Beobachtung von Patienten mit pulmonalen Erkrankungen, die Glucocorticoid-haltige Inhalationssprays verwenden: Sie haben ein niedrigeres Risiko, wegen einer COVID-19-Erkrankung stationär aufgenommen zu werden.
Die kleine Studie zeigt, dass bei beginnender COVID-19-Erkrankung offenbar der Einsatz eines Glucocorticoid-haltigen Sprays die Prognose verbessert. Die Zahl der Patienten ist allerdings noch deutlich zu gering, um jetzt schon eine eindeutige Therapieempfehlung auszusprechen. Um dies zu ermöglichen, müsste jetzt noch eine weitere deutlich größere und Placebo-kontrollierte Studie stattfinden.
Quelle
Ramakrishnan S, Nicolau DV, Jr., Langford B, Mahdi M, Jeffers H, Mwasuku C, et al. Inhaled budesonide in the treatment of early COVID-19 (STOIC): a phase 2, open-label, randomised controlled trial. The Lancet Respiratory Medicine, 2021, 10.1016/S2213-2600(21)00160-0.
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