Fasten als Diät-Katalysator?

Wer seinen Ernährungsstil zum Normalisieren des Blutdrucks ändern muss, könnte davon profitieren, vor der eigentlichen Ernährungsumstellung zu fasten. Das legen zumindest die Ergebnisse einer Studie nahe, die gerade in „Nature Communications“ veröffentlicht wurde.

Jeder vierte Deutsche leidet am metabolischen Syndrom

Beim metabolischen Syndrom treten mehrere von vier „Wohlstandkrankheiten“ gleichzeitig auf: Adipositas, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Diabetes mellitus. Jede davon gilt als Risikofaktor für schwerwiegende Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, darunter Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

Die Behandlung betroffener Patienten zielt darauf ab, Gewicht zu reduzieren und den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel sowie den Blutdruck zu normalisieren. Nicht selten ist eine medikamentöse Behandlung notwendig. Die Grundpfeiler der Empfehlungen bilden jedoch Bewegung und eine kalorienarme, gesunde Ernährung. Welche Effekte die Ernährung dabei auf das Mikrobiom, das Immunsystem und damit auf den Gesundheitszustand hat, ist allerdings nicht vollständig geklärt. Eine Forschungsgruppe hat diese Fragestellung nun genauer untersucht.

Mittelmeerdiät gut – zusätzlich Fasten besser

Der Untersuchung liegen Daten von 71 Probanden mit metabolischem Syndrom und erhöhtem systolischen Blutdruck zugrunde, die sich drei Monate lang nach der DASH-Diät ernährten – dem Dietary Approach to Stop Hypertension, einem Ernährungsansatz gegen Bluthochdruck. Grundlage dieser auch als „Mittelmeerdiät“ bekannten Ernährung bilden Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte, Fisch und mageres weißes Fleisch.

Eine der beiden Gruppen nahm fünf Tage lang keinerlei feste Nahrung zu sich, bevor sie mit der Diät begann. Das zusätzliche Fasten hatte verschiedene Effekte auf den Körper:

  • Bei den Studienteilnehmern, die mit einer fünftägigen Fastenperiode in die Ernährungsumstellung einstiegen, blieben Body Mass Index, Blutdruck und der Bedarf an blutdrucksenkenden Medikamenten dauerhaft niedriger.
  • Das angeborene Immunsystem blieb während des Fastens stabil, das adaptive Immunsystem fuhr herunter. Insbesondere die Anzahl entzündungsfördernder T-Zellen nahm ab, die Anzahl regulatorischer T-Zellen stieg.
  • Während des Nahrungsverzichts veränderte sich die Zusammensetzung des Ökosystems der Darmbakterien, vor allem als gesundheitsfördernd geltende Bakterien vermehrten sich. Einige dieser Veränderungen blieben nach erneuter Nahrungsaufnahme bestehen.
  • Auch drei Monate nach dem Fasten war der Blutdruck noch niedriger.

Nachdem die Wissenschaftler die Effekte der Blutdrucksenker herausgefiltert hatten, zeigte sich, dass es vor allem von der individuellen Immunabwehr und dem Darmmikrobiom abhing, wie gut Teilnehmer auf die Ernährungsumstellung ansprachen.

Lassen Erfolge einer ballaststoffreichen, fettarmen Ernährung auf sich warten, könnte dies also daran liegen, dass sich im Darmmikrobiom zu wenige der notwendigen Darmbakterien tummeln. Das Fasten wirkte den Wissenschaftlern zufolge wie ein Katalysator für schützende Mikroorganismen im Darm.

Was bedeuten die Ergebnisse für die Behandlung von Patienten mit metabolischem Syndrom?

Vor Kurzem zeigten griechische Wissenschaftler anhand einer Analyse großer Ernährungsstudien zum Einfluss einer „Mittelmeerdiät“, dass die Ergebnisse oft einem Bias unterliegen.

Auch in der hier vorgestellten Analyse war die Anzahl der Studienteilnehmer für allgemein gültige Aussagen zu gering. Dennoch deutet die Untersuchung an, dass man es Patienten mit metabolischem Syndrom durchaus empfehlen kann, vor der anvisierten Ernährungsumstellung einige Tage auf feste Nahrung zu verzichten. Eine Ernährungsumstellung ist nicht leicht, sie dauerhaft durchzuhalten und nicht in alte Muster zu verfallen, ist noch schwerer – vor allem, wenn Erfolge auf sich warten lassen.

Lassen sich wie in dieser Untersuchung langfristig bessere Erfolge erzielen, ist es für Patienten auf jeden Fall ein Gewinn. Und noch mehr, wenn die blutdrucksenkende Medikation heruntergefahren oder sogar ganz abgesetzt werden kann.

Quellen

Grammatikopoulou MG, et al. How fragile are Mediterranean diet interventions? A research-on-research study of randomised controlled trials. BMJ Nutrition, Prevention & Health, 9 March 2021. doi: 10.1136/bmjnph-2020-000188.

Maifeld A, et al. Fasting alters the gut microbiome reducing blood pressure and body weight in metabolic syndrome patients. Nature Communications, 30 March 2021. doi: 10.1038/s41467-021-22097-0.

Pressemitteilung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin vom 30. März 2021