In Deutschland sind derzeit bekanntermaßen drei Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 zugelassen und im Einsatz (BioNTech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca). Einige Fragen zu diesen Impfstoffen sind jedoch noch offen und bisher nicht ausreichend untersucht.
Forschung weiter notwendig
Am 6. Februar fand der diesjährige Kongress für Arzneimittelinformation statt. Ein Programmpunkt war der Webcast „SARS-CoV-2-Impfstoffe: was wissen wir – und was (noch) nicht?“, in dem Priv.-Doz. Dr. Ulrich Seybold MSc, München, verschiedene Impfstoffe vorstellte. Er zeigte jedoch auch Aspekte, zu denen es bisher wenige oder keine Daten gibt und die noch besser erforscht werden müssen. Erste Antworten werden trotzdem gegeben.
1. Wie sieht es mit schweren anaphylaktischen Reaktionen aus?
Bei knapp sechs Millionen in den USA verimpften Dosen der Impfstoffe von BioNTech/Pfizer (Comirnaty®) und Moderna traten 31 bestätigte Fälle einer Anaphylaxie auf. Diese waren gut zu managen, ohne dass größere Schäden auftraten (Follow-up für 29 Patienten verfügbar, allen geht es gut). Bisher gibt es jedoch keine weiteren systematisch erhobenen Daten aus größeren Patientenkollektiven oder anderen Ländern, die diese Raten bestätigen oder widerlegen.
2. Wie geht man mit Patientengruppen um, die in den Phase-III-Studien nicht oder kaum erfasst wurden?
Zu diesen Gruppen zählen beispielsweise Kinder sowie Schwangere und Stillende. Für Kinder läuft derzeit die Aufnahme in eine Studie mit dem Moderna-Impfstoff. Das Rekrutierungsziel liegt bei 3000, diese läuft jedoch nur schleppend an. In der Studie zu Comirnaty® waren Kinder erlaubt, aber nur sehr wenige eingeschlossen und die Daten wurden bisher nicht separat ausgewertet.
Bei den Studien zu den aktuell angewendeten mRNA-Impfstoffen traten zwar vereinzelt Schwangerschaften auf, die aber nicht vorgesehen waren. So bleiben dies Einzelfälle, aus denen keine allgemeine Erkenntnis für diese Population abgeleitet werden kann. Ähnlich sieht es für Stillende aus. Für Schwangere und Stillende empfiehlt die STIKO wegen der unzureichenden Datenlage keine generelle Impfung. Stattdessen sollen Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung können also diejenigen geimpft werden, bei denen ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf besteht.
3. Sollten Menschen nach durchgemachter Infektion noch geimpft werden?
Bisher wird davon ausgegangen, dass zumindest für gewisse Zeit nach einer durchgemachten Infektion Immunität besteht. Wegen der aktuellen Impfstoffknappheit empfiehlt die STIKO daher, Betroffene zunächst nicht zu impfen, da sie die Impfung nicht so dringend brauchen. Dies sei aber noch keine endgültige Aussage.
Auch die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) geben an, dass die anzunehmende Immunität über mindesten 90 Tage anhält und eine Impfung auch aufgrund der Verteilungsgerechtigkeit erst nach diesen 90 Tagen erfolgen kann.
4. Transmission trotz Impfung?
Dieser Aspekt wird in Phase-III-Studien nicht ausreichend untersucht. Beispielsweise wurden asymptomatische Infektionen nach Impfung dort überhaupt nicht erfasst, da erst bei Krankheitssymptomen ein Test durchgeführt wurde. Dementsprechend sind keine belastbaren Zahlen zu Infektionsraten nach Impfung vorhanden. Zudem besteht auch immer die Gefahr, dass Nonresponder unter den Geimpften sind, die die Infektion auch weitergeben.
Dies ist aktuell auch die Begründung dafür, dass Geimpfte keine Privilegien wie mehr Bewegungsfreiheit oder Ausnahmen von der Maskenpflicht erhalten.
5. Kann man Menschen mit Immundefizienz impfen?
Die vorhandenen Daten sind nicht belastbar, aber erste Studien zu den Impfungen für Menschen mit Immundefizienz sind gestartet. Die Verträglichkeit ist wahrscheinlich ähnlich, aber wie ist es mit der Wirksamkeit? Diese könnte möglicherweise geringer sein, allerdings ist auch die Bedrohung durch die Erkrankung größer. Das heißt, der Effekt (also die absolute Risikoreduktion) ist eventuell höher als bei Menschen ohne entsprechende Vorerkrankungen. Eine Impfung wird aktuell empfohlen und Betroffene sind in die Stufe 3 der Priorisierungsgruppen einsortiert.
Bei Autoimmunerkrankungen gilt ähnliches. Zwar sind Autoimmunreaktionen nach der Impfung möglich, da diese aber im zeitlichen Zusammenhang zur Impfung stehen und bisher nicht gehäuft aufgefallen sind, wird auch hier die Impfung empfohlen.