Was tun, wenn die antiretrovirale Therapie versagt? Bei vielen Patienten kann die Virusreplikation langfristig niedrig gehalten werden. Für die anderen steht nun eine neue Option zur Verfügung.
Was bedeutet „multiresistente HIV-Infektion“?
Durch die Kombination von drei antiretroviralen Arzneistoffen aus mindestens zwei unterschiedlichen Klassen kann bei einem Großteil der HIV-Patienten die Viruslast langfristig unterdrückt werden. Es können sich allerdings schnell Resistenzen bilden, wenn das Regime zum Beispiel nicht regelmäßig eingenommen wird. Andere Gründe sind Arzneimittelwechselwirkungen oder unzureichende Wirksamkeit des Regimes.
In der Europäischen Union leben 52.000 Menschen mit einer multiresistenten HIV-Infektion. In solchen Fällen können die Ärzte die Dosis der Medikamente erhöhen oder seltenere Wirkstoffklassen wie Fusionsinhibitoren oder CCR5-Antagonisten einsetzen.
Etwa 5 bis 10 % dieser Menschen bleibt aktuell keine weitere Therapieoption und die Infektion schreitet ungehindert voran. Die weltweit führenden Todesursachen bei fortgeschrittener HIV-Erkrankung sind Tuberkulose, schwere bakterielle Infektionen, Kryptokokkose mit Meningitis, Toxoplasmose und Pneumocystis-jirovecii-Pneumonien.
Wie wirkt Ibalizumab?
Der Antikörper Ibalizumab bindet an die CD4-Zellen des Immunsystems. Dadurch kann das HI-Virus nicht mehr in diese Zellen eindringen. Folglich verlangsamt sich die Reproduktion des Erregers.
Wann ist Ibalizumab indiziert?
Wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Viruslast ausreichend zu senken, ist Ibalizumab eine Option bei Patienten mit multiresistenter HIV-1-Infektion.
Wie wird Ibalizumab eingesetzt?
Nach einer Anfangsdosis von i.v. 2.000 mg erhält der Patienten alle zwei Wochen eine Erhaltungsdosis von i.v. 800 mg.
In den bisher durchgeführten Studien wurde Ibalizumab in der Regel zusammen mit anderen antiviralen Medikamenten eingesetzt. Es gibt aber auch Daten über kurze Zeiträume, die auf die Wirksamkeit einer Monotherapie hindeuten.
Auch unter Ibalizumab kann es zu Resistenzen kommen. Diese sind allerdings auf Ibalizumab beschränkt. Es gibt keine Kreuzresistenzen mit anderen Wirkstoffgruppen.
Ist Ibalizumab wirksam und sicher?
Die Wirksamkeit von Ibalizumab wurde in zwei klinischen Studien mit 40 bzw. 82 Teilnehmern gezeigt. Bei den Patienten handelte es sich um Personen mit multiresistenter Erkrankung (Studie 1) oder Therapieversager (Studie 2).
- In der ersten, einarmigen Studie erreichten 17 von 40 Patienten nach 25 Wochen eine Reduktion der RNA-Kopien auf unter 50 Stück pro 1 ml Blut. Dieser Wert entspricht der Nachweisgrenze der normalerweise genutzten Assays.
- Die zweite Studie war Placebo-kontrolliert. Unter Verum kam es zu einer signifikanten Reduktion der Viruslast.
- In beiden Studien erhielten die Patienten auch andere antivirale Medikamente. Allerdings nicht immer über die komplette Studiendauer.
Für die Untersuchung der Sicherheit flossen noch mehr Patientendaten ein. Am häufigsten waren Ausschläge, Diarrhö, Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und Erbrechen. Bei 2 von 153 untersuchten Personen trat unter Ibalizumab ein IRIS (immune reconstitution inflammatory syndrome) auf. Bei diesem kommt es durch den Anstieg der CD4-Zellzahl unter Therapie zu einer überschießenden Entzündungsreaktion. Die Symptome sind unspezifisch und beinhalten zum Beispiel Fieber. Als Folge kann eine Gewebeschädigung auftreten.
Kommentar
Die zur Verfügung stehenden Daten sind sehr begrenzt. Allerdings handelt es sich in der zugelassenen Indikation um austherapierte Patienten. Für diese könnte Ibalizumab ein Hoffnungsschimmer sein, für den auch Risiken eingegangen werden können.
Quelle
European Medicines Agency: Trogarzo: EPAR – Public assessment report