Anhaltende Gewichtsreduktion kann Typ-2-Diabetes heilen

Einen bestehenden Typ-2-Diabetes durch anhaltende Gewichtsreduktion rückgängig machen? Den 2-Jahres-Daten der DiRECT-Studie zufolge ist das möglich. Zumindest bei einem Teil der Patienten.

Typ-2-Diabetes-Prävelenz steigt

In Deutschland erhalten 7,2 % der Erwachsenen (4,3 Millionen) nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) und des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) in ihrem Leben irgendwann die Diagnose „Diabetes mellitus“. Der überwiegende Teil (90 %) ist dem Typ 2 zuzuordnen. In 20 Jahren könnten aktuellen Erhebungen zufolge bis zu zwölf Millionen Menschen in Deutschland an Typ-2-Diabetes erkrankt sein. Zurückzuführen ist dieser Anstieg auf die Zunahme wichtiger Diabetes-Risikofaktoren wie körperliche Inaktivität, Fehlernährung oder Adipositas.

Neben Antidiabetika kommt nichtmedikamentösen Maßnahmen zur Gewichtsreduktion eine große Bedeutung in der Behandlung zu. Um Folgekomplikationen vorzubeugen, sollen HbA1c-Werte zwischen 6,5 und 7,5% (48 bis 58 mmol/mol) angestrebt werden.

Anhaltende Senkung der HbA1c-Werte durch Gewichtsreduktion

Dass sich die HbA1c-Werte nachhaltig über eine anhaltende Gewichtsreduktion mit einem Gewichtsmanagement-Programm senken lassen, zeigen die 2-Jahres-Daten der DiRECT-Studie („Diabetes Remission Clinical Trial“): Im DiRECT-Programm war etwa ein Drittel der Patienten nach 24 Monaten noch in Diabetes-Remission – abhängig vom Ausmaß des Gewichtsverlusts. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Lancet veröffentlicht.

Mit der offenen, randomisierten, kontrollierten Studie mit übergewichtigen Patienten mit Typ-2-Diabetes sollte ein integriertes Gewichtsmanagement-Programm getestet werden – mit einer anfänglichen Phase effektiven Gewichtsverlusts (Formula-Diät), einer schrittweisen Wiedereinführung von Nahrungsmitteln und einer strukturierten Unterstützung zur Gewichtsabnahme mit Vorsorge für ein Rückfallmanagement. Beteiligt waren Hausarztpraxen in Großbritannien.

298 Studienteilnehmer wurden 1:1 randomisiert entweder dem Gewichtsmanagement-Programm (Intervention) oder der Kontrollgruppe (Best-Practice nach Leitlinienempfehlung) zugewiesen. Sie waren 20 bis 65 Jahre alt und waren mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 27 bis 45 kg/m² übergewichtig bis stark adipös. Der Typ-2-Diabetes bestand seit weniger als 6 Jahren.

Nach einem Jahr war fast die Hälfte der Teilnehmer aus der Interventionsgruppe in Diabetes-Remission (68 von 149; 46%), definiert als ein HbA1c <6,5% (<48 mmol/mol) nach Absetzen der Antidiabetika zu Studienbeginn. 36 (24%) hatten einen Gewichtsverlust von mindestens 15 kg erreicht.

Nach 24 Monaten standen noch 78 % (Intervention) bzw. 94 % der Teilnehmer (Kontrolle) für eine Auswertung zur Verfügung. 53 (36%) Teilnehmer aus der Interventionsgruppe und 5 (3%) aus der Kontrollgruppe waren in Diabetes-Remission. 17 (11%) Teilnehmer aus der Interventionsgruppe hatten weiterhin mindestens 15 kg Gewicht weniger als zu Beginn der Studie, 36 (24%) mindestens 10 kg. In der Kontrollgruppe waren es drei (2%) Teilnehmer mit mindestens 15 kg Gewichtsreduktion.

Das DiRECT-Gewichtsmanagement-Programm

Das Interventionsprogramm („Counterweight-Plus“) wurde im Hausarzt-Setting von einem ausgebildeten Ernährungsberater oder einer Krankenschwester durchgeführt. Es bestand aus einem vollständigen Nahrungsersatz (825–853 kcal/Tag Formula-Diät) für 3 bis 5 Monate, einer schrittweisen Wiedereinführung von Lebensmitteln (über 6 bis 8 Wochen) und einer strukturierten Unterstützung, um den erreichten Gewichtsverlust zu erhalten.

Für die Erhaltungsphase wurden den Teilnehmern monatlich 30-min-Termine angeboten. Bei einer Gewichtszunahme von mehr als 2 kg während der Erhaltungsphase wurde den Teilnehmern ein „Rettungsplan“ von 2 bis 4 Wochen angeboten, bei dem ein Teil der Mahlzeiten ersetzt wurde. Wenn die Gewichtszunahme mehr als 4 kg betrug, wurde den Teilnehmern ein vollständiger Nahrungsersatz für 4 Wochen angeboten. Außerdem wurden die Teilnehmer zu täglicher körperlicher Aktivität ermuntert – ohne spezifische Ziele festzulegen. Sowohl Antidiabetika als auch Antihypertensiva wurden in der Interventionsgruppe an Tag 1 der Diät abgesetzt. Stieg der HbA1c-Wert, konnten Antidiabetika eingesetzt werden. Antihypertensiva wurden zur Vermeidung einer posturalen Hypotonie abgesetzt, da der Blutdruck im Allgemeinen zu Beginn einer energiearmen Diät abfällt.

Die Kontrollteilnehmer setzten ihre Routine-Best-Practice-Behandlung fort, ohne die Diät-, Medikamenten- oder Trainingsempfehlungen aufgrund der Studienteilnahme zu ändern.

Abgesehen von der Anfangsphase der Intervention erhielten die Teilnehmer beider Gruppen weiterhin eine Behandlung nach den aktuellen Leitlinien und Standards in England und Schottland.

Kommentar

Die DiRECT-Studie zeigt, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes nicht notwendigerweise eine lebenslange medikamentöse Behandlung benötigen. Mit einer anhaltenden Gewichtsreduktion kann möglicherweise eine anhaltende Heilung erzielt werden. Der Gewichtsverlust mit Formula-Diäten wird im Allgemeinen als sehr kurzfristig wirksam angesehen. Die große Herausforderung ist für viele nicht der Gewichtsverlust an sich, sondern diesen langfristig zu halten. Strukturierte Programme können zumindest einem Teil der Patienten helfen. Dass sie wichtig sind, zeigte sich auch in dieser Studie: Etwa die Hälfte der Studienteilnehmer musste den „Rettungsplan“ in Anspruch nehmen.

Es wird interessant sein, zu sehen, was die 5-Jahres-Daten ergeben werden.

Quelle

Lean MEJ, et al. Durability of a primary care-led weight-management intervention for remission of type 2 diabetes: 2-year results of the DiRECT open-label, cluster-randomised trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2019;7:344–55.