Einrenken – ja! Nein? … vielleicht!?

„Ich habe Rücken …“ Wer hat das noch nicht gehört (oder selbst gesagt)? Gut gemeinte Empfehlungen von anderen Betroffenen reichen von mehr Sport und weniger sitzen über den Top-Orthopäden im nächsten Ort bis hin zu Schmerzmitteln und Wärmesalben.

Manch einer schwört auf die „sanfte Medizin“, also den Gang zum Chiropraktiker zum „Einrenken“. Doch ist diese Art der Behandlung wirklich empfehlenswert?

Einrenken, was ist das überhaupt?

Bei schmerzhaften Wirbelblockaden, bei denen Wirbel nicht in ihrer korrekten Position sitzen und auch nicht dorthin zurückrutschen, kann Einrenken in manchen Fällen Abhilfe schaffen. Durch spezielle Handgriffe können diese Blockaden und damit einhergehende Verspannungen gelöst werden. Darunter fallen Mobilisations- und Manipulationstechniken (weiche Technik bzw. harte Technik). Dabei werden Gelenkflächen vorsichtig zueinander bewegt, sodass der Wirbel wieder an seine Position zurückgleiten kann bzw. er wird mit einem kurzen Impulsstoß in seine Position gebracht.

Oft wird diskutiert, ob Manipulationen der Wirbelsäule eine sinnvolle Therapie darstellen, wirklich wirksam sind oder ein vertretbares Risikoprofil haben. Dies spiegelt sich auch in den internationalen Leitlinien und Empfehlungen wider: Mancherorts als Erstlinientherapie etabliert, wird sie anderswo gar nicht erwähnt oder nur im Gesamtpaket mit weiteren Maßnahmen als zusätzliche Option geführt.

Wer kann einrenken?

Chiropraktiker, Chiropraktor, Chirotherapeut – alles das gleiche? Keineswegs!

Ein Problem ist, dass Chiropraktiker bzw. Chiropraktor in Deutschland kein geschützter Begriff ist. Dementsprechend ist die Ausbildung nicht standardisiert und auch nicht bei allen Praktizierenden gleich umfassend. Anders ist es bei Chirotherapeuten. Diese Weiterbildung steht nur Ärzten offen und wird in 320 Unterrichtseinheiten vermittelt.

Als Chiropraktiker können Ärzte und Heilpraktiker ihre Leistungen anbieten, die eine Fachfortbildung Chiropraktik in 45 Unterrichtsstunden absolviert haben.

Unter dem Heilpraktikergesetz praktizieren jedoch auch Chiropraktoren mit einer umfassenderen Ausbildung – nämlich einem Vollzeitstudium an einer Hochschule inklusive anschließendem praktischem Jahr (insgesamt über 5000 Stunden).

Möglicherweise lohnt sich also ein Blick in den Lebenslauf des Hand anlegenden, bevor man sich für oder gegen eine entsprechende Behandlung entscheidet.

Einrenken als Option bei Rückenschmerzen

In einer Studie wurden nun Nutzen und Risiken einer Wirbelsäulenmanipulation bzw. -mobilisation bei chronischen Schmerzen im unteren Rücken untersucht. Verglichen wurde mit empfohlenen und nichtempfohlenen Therapieansätzen, Placebo-Einrenken und Wirbelsäulenmanipulation als adjuvante Therapie. Empfohlene Behandlungsmaßnahmen (laut Leitlinien aus den USA, Großbritannien und den Niederlanden) waren beispielsweise gezieltes Training und Medikamente. Als nicht empfohlen galten unter anderem Massagen oder Elektrotherapien.

Die wichtigsten Untersuchungsparameter waren Schmerzen und die rückenspezifische körperliche Funktionsfähigkeit, untersucht nach einem, sechs und zwölf Monaten.

Ausgewertet wurden Daten aus 47 randomisierten, kontrollierten Studien mit über 9000 Patienten. Dabei war eine Wirbelsäulenmanipulation hinsichtlich der kurz- und langfristigen Schmerzreduktion ähnlich effektiv wie empfohlene Therapien und zur Verbesserung der rückenspezifischen körperlichen Funktionsfähigkeit besser geeignet als nichtempfohlene Behandlungen.

Einrenken bedingt empfehlenswert

Laut dieser Metaanalyse kann die Wirbelsäulenmanipulation durchaus zu einer Verbesserung chronischer Schmerzen im unteren Rücken beitragen.

Auch die Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz (PDF) gibt an, dass diese Behandlung „nach sorgfältiger Indikationsstellung unter Beachtung der Kontraindikationen […] angewandt werden“ kann. Nicht angewandt werden darf sie beispielsweise direkt nach einem Bandscheibenvorfall, vorgeschädigten Wirbeln, Osteoporose oder Arteriosklerose im Bereich der Halswirbel.

Von der Manipulation der Halswirbelsäule wird jedoch sowieso meist abgeraten, da dabei möglichweise eine durch den Wirbelkanal verlaufende Halsschlagader verletzt werden kann (Dissektionen), vor allem, wenn diese bereits geschädigt ist. Dies kann (in seltenen Fällen) zum Schlaganfall führen (0,75– 1,12 pro 100 000 Personenjahre).

Vor einer Behandlung muss also sorgfältig abgeklärt werden, ob der Patient dafür überhaupt infrage kommt, und dieser muss über mögliche Risiken aufgeklärt werden.