Der DAK Gesundheitsreport hat in diesem Jahr das Schwerpunktthema „Alte und neue Süchte im Betrieb“. Untersucht wird neben konkreten Zahlen zum Konsumverhalten auch die Auswirkung einer Suchterkrankung auf die berufliche Tätigkeit.
Alkohol und Tabak
Laut dem DAK Gesundheitsreport (PDF) sind Alkohol- und Tabakabhängigkeit nach wie vor die besonders häufigen Suchterkrankungen. Besonders häufig sind diejenigen betroffen, die bei ihrer Arbeit oft an die Leistungsgrenze gehen müssen, starkem Termindruck ausgesetzt sind oder emotional belastenden Tätigkeiten nachgehen.
Rund 22% der Erwerbstätigen sind Zigaretten-Raucher, junge Menschen unter 30 Jahren bilden unter ihnen die kleinste Gruppe. 5% verwenden E-Zigaretten, die meisten davon mit nicotinhaltigen Liquids.
Überdies hat etwa jeder zehnte Arbeitnehmer ein riskantes Trinkverhalten, als möglicherweise alkoholabhängig gelten 0,2%. Männer legen häufiger ein riskantes Trinkverhalten an den Tag, bei der Alkoholabhängigkeit ist das Geschlechterverhältnis jedoch wieder ausgeglichen. Unter den Suchtkranken ist dies auch die Gruppe, wo die meisten Krankmeldungen aufgrund der Suchterkrankung vorkommen.
Bei der Befragung gaben 95% aller Alkoholkonsumenten als Grund den Geschmack an, 22% dies als einzigen Grund. Weitere Gründe wie „weil er ein angenehmes Gefühl gibt, weil er in vielen Situationen einfach dazu gehört und weil er bei der Entspannung hilft“ nannten Befragte mit gefährlichem oder schädlichem/abhängigem Konsum öfter als solche mit risikoarmem Konsum. 65% der Befragten mit schädlichem/abhängigem Konsum gaben an, dass sie Alkohol auch deswegen zu sich nehmen, weil sie nicht darauf verzichten können.
Knapp 4% der Betroffenen mit riskantem Alkoholkonsum gaben an, mehrmals pro Monat oder häufiger bei der Arbeit Alkohol zu trinken und 10 % sagten, dass sie wegen ihres Alkoholkonsums abgelenkt oder unkonzentriert bei der Arbeit waren. Bei den möglicherweise abhängigen sind es über 17%, die am Arbeitsplatz tranken und die Hälfte, die deswegen nicht voll auf ihre Arbeit konzentriert war.
Social Media und Computerspiele
Die Abhängigkeit von sozialen Medien ist bisher nicht als Krankheit anerkannt und ist dementsprechend im DSM-5 oder der ICD-10 nicht erwähnt. Trotzdem wurde der problematische an Sucht grenzende Gebrauch in einer repräsentativen Befragung ermittelt. Laut dieser leiden 2,6 % der Jugendlichen unter einer „Social Media Disorder“. Insgesamt gestaltet sich aber die Einstufung als schwierig, da bisher keine einheitliche Definition für eine solche Störung existiert.
Abgefragt wurden unter Erwerbstätigen verschiedene Kriterien wie gedankliche Vereinnahmung durch die sozialen Medien, Interessenverlust an früheren Hobbys, das Flüchten in soziale Medien oder Konflikte aufgrund des Gebrauchs sozialer Medien. Immerhin 9% der Befragten sahen bei sich einen (gewissen) Kontrollverlust bei der Nutzung sozialer Medien und 4% berichteten, aufgrund der Nutzung sozialer Medien das Interesse an früheren Freizeitaktivitäten verloren zu haben. Die Kriterien für eine „Social Media Disorder“ erfüllen jedoch nur 0,4% der Berufstätigen.
Auswirkung auf die Arbeit hat die Medien-Nutzung möglicherweise trotzdem: Rund 40% nutzen die Angebote während der Arbeitszeit, 18 % gaben an, deswegen abgelenkt und unkonzentriert zu sein.
Bei der „Internet Gaming Disorder“ ist man hinsichtlich des Krankheitswerts schon etwas weiter: Sie ist als Forschungsdiagnose ins DSM-5 aufgenommen worden und wird auch mit der nächsten Überarbeitung Eingang in die ICD-Klassifikation nehmen.
Laut DAK Gesundheitsreport haben 2,6 Millionen Berufstätige (6,5%) ein riskantes Nutzungsverhalten. Ein Viertel davon spielt auch während der Arbeitszeit und knapp 10 % gaben an, deswegen bei der Arbeit abgelenkt oder unkonzentriert gewesen zu sein oder auch zu spät gekommen zu sein. Männer sind häufiger betroffen als Frauen und jüngere Arbeitnehmer unter 30 Jahren häufiger als die älteren Kollegen. Oft wird auch auf Kosten der Nachtruhe gespielt, sodass der dadurch bedingte Schlafmangel sich negativ auf die Arbeitsleistung auswirkt.
Hilfe für Betroffene nötig
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) fordert, Suchtkrankheiten zu enttabuisieren und zu entstigmatisieren, damit Betroffenen schneller geholfen werden kann. Sie fordert auch, „Sucht am Arbeitsplatz stärker in den Fokus zu nehmen und umfassend für Aufklärung zu sorgen“.
Die DAK fordert eine breite gesellschaftliche Diskussion zum Thema Suchterkrankungen und überdies noch ein Werbeverbot für Tabak, Zigaretten und E-Zigaretten. Zudem bietet sie ihren Versicherten das Online-Coaching „Vorvida“ als Hilfsangebot bei Alkoholproblemen an.