Erhöhtes ADHS-Risiko durch Valproat?

Die Einnahme von Valproat in der Schwangerschaft ist mit erhöhten Fehlbildungsraten assoziiert. In einer dänischen Studie wurde nun untersucht, ob das ADHS-Risiko bei Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft Valproat eingenommen haben, erhöht ist.

Empfehlungen zu Valproat in der Schwangerschaft

Antiepileptika wie Valproat werden nicht nur bei Epilepsie, sondern auch bei anderen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt. Der Einsatz von Valproat in der Schwangerschaft ist mit erhöhten Fehlbildungsraten – insbesondere dem Neuralrohrdefekt – und Entwicklungsstörungen assoziiert. Dies hat dazu geführt, dass seit 2014 laufend neue Anwendungsbeschränkungen von der EMA und vom BfArM zur Risikosensibilisierung bei Verordnungen von Valproat bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter veröffentlicht wurden.

In einer dänischen Studie wurde nun untersucht, inwieweit eine pränatale Exposition mit Antiepileptika auch mit einem erhöhten Risiko einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) assoziiert ist.

Die Studie basiert auf alle in Dänemark zwischen 1997 und 2011 lebend geborenen Kinder aus Einlingsschwangerschaften. Informationen zur pränatalen Exposition mit antiepileptischen Arzneimitteln wurden vom Nationalen Dänischen Verschreibungsregister erhalten. Alle Kinder, bei denen ADHS diagnostiziert wurde oder die eine entsprechende Arzneimittelverordnung erhielten, wurden erfasst. Die Kinder wurden bis 2015 nachbeobachtet.

Erhöhtes ADHS-Risiko unter Valproat

Insgesamt wurden 913 302 Kinder in die Studie eingeschlossen. Die Kinder waren am Studienende durchschnittlich 10,1 Jahre alt und 51,3 % waren männlich. Von den 580 mit Valproat pränatal exponierten Kindern entwickelten 49 Kinder (8,4 %) eine ADHS. Von den restlichen nicht mit Valproat pränatal exponierten Kindern wurde lediglich bei 3,2 % eine ADHS diagnostiziert. Kinder mit einer pränatalen Valproat-Exposition hatten ein um 48 % erhöhtes Risiko einer ADHS im Vergleich zu nicht-exponierten Kindern. Das absolute 15-Jahresrisiko für eine ADHS lag für Kinder, die bereits im Mutterleib Valproat ausgesetzt wurden, bei 11 % (gegenüber 4,6 % bei nicht mit Valproat exponierten Kindern). Die Studienautoren resümieren, dass der Einsatz von Valproat in der Schwangerschaft mit dem Entstehen einer ADHS beim Kind assoziiert ist. Dieser Zusammenhang wurde bei den anderen Antiepileptika nicht gefunden.

Verordnungshäufigkeit von Valproat in Deutschland – Hat sich etwas verändert?

Die Risikoaufklärung zu Valproat in der Schwangerschaft hat in Deutschland tatsächlich zu einem Rückgang der Verordnungen von Valproat bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter im Indikationsgebiet der Epilepsie geführt. Allerdings nicht bei anderen Indikationen. Dies konnte in einer Analyse, basierend auf Abrechnungsdaten von vier gesetzlichen Krankenkassen für den Zeitraum von 2004 bis 2015 untersucht werden. Während unter den Epilepsiepatientinnen zwischen 2004 und 2015 der Anteil der Valproat-Behandelten kontinuierlich von 26,2 % auf 16,8 % sank, blieb der Anteil bei Patientinnen mit bipolaren Störungen fast unverändert (9,3 % in 2004 vs. 8,0 % in 2015).

Die Wissenschaftler resümieren, dass der Rückgang der Valproat-Verordnungen größtenteils auf die Risikoaufklärung zurückzuführen sei. Allerdings sei die praktisch unveränderte Verordnungshäufigkeit bei bipolaren Störungen kritisch zu sehen, da für diese Indikation sichere Alternativen vorhanden sind, während bei der Epilepsie manchmal keine Alternative zu Valproat bestehe.