Bei älteren Patienten in Pflegeeinrichtungen geht die Behandlung mit Antibiotika bei asymptomatischer Bakteriurie mit einem erhöhten Risiko unerwünschter Ereignisse einher.
Antibiotika bei asymptomatischer Bakteriurie?
In der deutschen S3-Leitlinie zu ambulant erworbenen Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten wird die antibiotische Therapie bei einer asymptomatischen Bakteriurie nur für solche Patienten empfohlen, die auch von einer Therapie profitieren. Dies gilt insbesondere für Patienten, die sich einer Prostataresektion oder einem chirurgischen Eingriff am Harntrakt unterziehen müssen und auch für Schwangere.
Asymptomatische Bakteriurie bei älteren Patienten
Bei älteren Patienten in Pflegeeinrichtungen tragen zahlreiche Faktoren wie Harnverhalt, Harninkontinenz, Gebrechlichkeit, Immobilität, Komorbidität und ein geschwächtes Immunsystem zu einem erhöhten Infektionsrisiko bei.
Eine antibiotische Behandlung der asymptomatischen Bakteriurie kann jedoch zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder auch einer Reinfektion mit resistenten Erregern führen. Deshalb wird eine Behandlung mit Antibiotika bei asymptomatischer Bakteriurie für ältere Patienten nicht empfohlen.
Mehr Nebenwirkungen durch Antibiotika
Chronische Beschwerden und kognitive Beeinträchtigungen führen jedoch gerade bei Pflegeheimbewohnern oft dazu, dass die Patienten ihre Beschwerden weder bemerken noch mitteilen. Dies führt (zu) häufig zur Verwendung sogenannter Urinsticks, um eine Bakteriurie festzustellen.
In einem aktuellen Review wurde deshalb speziell nach älteren Personen geschaut, die in einem Pflegeheim leben. Aus neun randomisierten und kontrollierten Studien mit 1391 Teilnehmern wurden Wirksamkeit und unerwünschte Wirkungen einer antibiotischen Therapie bei asymptomatischer Bakteriurie untersucht. Verwendete Antibiotika waren: Norfloxacin, Ofloxacin, Tobramycin, Netilmicin, Trimethoprim ± Sulfamethoxazol, Ceforanid und Cefaclor. In zwei der neun Studien wurde gegenüber Placebo verglichen, in den restlichen sieben Studien gegenüber keiner Therapie.
Die Antibiotikagabe war zwar mit einer bakteriellen Heilung verbunden (Auswertung aus neun Studien, Risk-Ratio [RR] 1,89; 95%-Konfidenzintervall 1,08–3,32, p=0,03). Allerdings war das Risiko für das Auftreten unerwünschter Ereignisse bei den Patienten, die mit Antibiotika behandelt wurden, erhöht (Auswertung aus vier Studien, RR 5,65; 95%-Konfidenzintervall 1,07–29,55, p=0,04). Hierunter fielen Diarrhö, Hautausschlag, Candida-Infektionen und Schwellungen im Mund. Die Mortalistätsrate unterschied sich nicht zwischen den Gruppen.
Empfehlung: Keine Antibiose bei asymptomatischer Bakteriurie
Die Ergebnisse dieser kleinen Übersichtsarbeit bestätigen die Empfehlungen der Leitlinie. Bei einer asymptomatischen Bakteriurie bei älteren Patienten in Pflegeheimen scheinen die Nachteile einer antibiotischen Therapie zu überwiegen.
Quelle
Krzyzaniak N, et al. Antibiotics versus no treatment for asymptomatic bacteriuria in residents of aged care facilities: a systematic review and meta-analysis. Br J Gen Pract 2022;72(722):e649-e658. doi: 10.3399/BJGP.2022.0059. Online ahead of print.