Den Ergebnissen einer Metaanalyse zufolge wirken sich moderne Antidiabetika protektiv auf die Entwicklung einer vaskulären Demenz aus. Das Gesamtrisiko für eine Demenz konnten sie jedoch nicht reduzieren.
Hintergrund der Metaanalyse
Hypertonie, abdominelle Adipositas, erhöhte Triglycerid- und verminderte HDL-Cholesterol-Werte sowie Diabetes mellitus bilden zusammen das metabolische Syndrom (tödliches Quartett). Darüber hinaus stehen sie im Verdacht, das Risiko für eine vaskuläre Demenz zu erhöhen. Sowohl das beeinträchtigte Insulin-Signaling als auch Entzündungsprozesse und der damit einhergehende oxidative Stress begünstigen vaskuläre Schäden – nicht nur an peripheren Gefäßen, sondern auch im Gehirn. Bisherige Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die neueren Antidiabetika vorteilhaft für die Demenzprävention sein könnten.
SGLT-2-Inhibitoren scheinen besonders vorteilhaft zu sein
Inhibitoren des Sodium-Glucose Co-Transporters 2 (SGLT-2) konnten in Studien die oben genannten Risikofaktoren günstig beeinflussen. Auch Dipeptidylpeptidase-(DPP)-4-Inhibitoren und Glucagon-like Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) wurden positive Effekte zugeschrieben. Sie verminderten die endotheliale Dysfunktion und oxidative Prozesse im Gehirn. Außerdem konnten sie die Ablagerung von Beta-Amyloid und die Tau-Phosphorylierung reduzieren. Um diese Hinweise mit einer besseren Evidenz zu belegen, führten die Autoren die vorliegende Metaanalyse durch.
Studiendesign
In ihrer systematischen Literaturrecherche berücksichtigte die Autoren 21 randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien (RCTs) mit insgesamt 167 511 Teilnehmern mit und ohne Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2). Sie untersuchten, wie sich die Anwendung der modernen Antidiabetika (DPP-4-Inhibitoren, GLP-1-RA und SGLT-2-Inhibitoren) auf das Risiko, eine (vaskuläre) Demenz zu entwickeln, auswirkten. Anschließend ermittelten sie die Inzidenz der aufgetretenen Demenz-Fälle in den RCTs.
Moderne Antidiabetika schützen vor vaskulärer Demenz …
Während des Studienzeitraums beobachteten die Autoren 108 Demenz-Fälle, davon 22 Fälle einer vaskuläre Demenz. Dieses Ergebnis war jedoch nicht eindeutig auf eine bestimmte Klasse der modernen Antidiabetika zurückzuführen: Im Vergleich zu Placebo waren weder DPP-4-Inhibitoren, GLP-1-RA noch SGLT-2-Inhibitoren in signifikantem Ausmaß mit einer Reduktion des Demenz-Gesamtrisikos verbunden. Bei der vaskulären Demenz war dagegen sehr wohl ein Vorteil erkennbar und zwar für die SGLT-2-Inhibitoren. DPP-4-Inhibitoren und GLP-1-RA wirkten sich ebenfalls protektiv auf die Entwicklung einer vaskulären Demenz aus, jedoch in geringerem, nicht statistisch signifikantem Ausmaß.
… aber reduzieren nicht das Demenz-Gesamtrisiko
Die Autoren beobachteten zwar eine Reduktion des Risikos für eine vaskuläre Demenz unter den modernen Antidiabetika, allen voran für die SGLT2-Inhibitoren. Auf das Gesamtrisiko für die Entwicklung einer Demenz hatte jedoch keine der Wirkstoffklassen einen Einfluss. Nach Ansicht der Autoren sind insbesondere die SGLT-2-Inhibitoren ein interessanter therapeutischer Ansatz in der Prävention einer vaskulären Demenz bei Patienten mit DMT2. Die Langzeiteffekte der modernen Antidiabetika sind jedoch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar. Daher kann auch keine Aussage darüber getroffen werden, ob dieser Effekt auch auf stoffwechselgesunde Personen ausgeweitet werden kann und diese ebenfalls von einem reduzierten vaskulären Demenzrisikos profitieren würden. Weitere RCTs sind nötig, um die Effekte der vorgestellten Antidiabetika auf die kognitive Funktion und das Risiko für die unterschiedlichen Demenztypen bei DMT2 zu evaluieren. Es lohnt sich aus Sicht der Autoren also auf jeden Fall, diesen Forschungsbereich im Blick zu behalten.
Zum Weiterlesen
Die Hintergründe einer beschleunigten Alterung bestimmter Gehirnregionen unter DMT2 haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.
Quelle
Tang H, et al. Newer glucose-lowering drugs and risk of dementia: A meta-analysis of cardiovascular outcome trials. Journal of the American Geriatrics Society 2022;1–4;https://doi.org/10.1111/jgs.17895.