Die frühzeitige Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) wird von der STIKO seit 2018 auch für Jungen empfohlen. Welche Schutzwirkung diese Maßnahme für junge Männer erreicht, war Gegenstand einer aktuellen internationalen Untersuchung.
Auslöser vieler Krebserkrankungen
Zwar ist die Bedeutung von humanen Papillomviren in Bezug auf Gebärmutterhalskarzinome besonders groß, darüber hinaus können HPV-Infektionen jedoch zu Genitalwarzen und malignen Tumoren bei Männern und Frauen führen. Weltweit sind jährlich etwa 70.000 Krebsneuerkrankungen bei Männern auf HPV-Infektionen zurückzuführen. Betroffen sind hier hauptsächlich Penis-, Anal-, Oropharynx- und weitere Kopf-Hals-Tumoren. Mehr als 80 % dieser Krebserkrankungen sind mit den HPV-Typen 16 und 18 assoziiert. Die Impfung gilt als wichtigste Maßnahme zur Eindämmung der Prävalenz von Genitalwarzen und Tumorerkrankungen, die mit diesen Erregern im Zusammenhang stehen.
Studie mit quadrivalentem Impfstoff
Bisher fehlten Langzeit-Studien zur Wirkung von HPV-Impfungen bei jungen Männern. Diese Lücke sollte eine aktuelle internationale, multizentrische, doppelblinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie mit Männern im Alter von 16 bis 26 Jahren schließen. Der eingesetzte Impfstoff umfasste die vier HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 und damit die wichtigsten Risikotypen. Die Teilnehmer erhielten je drei Dosen des HPV-Impfstoffs oder Placebo als 0,5-ml-Injektion an Tag 1 sowie nach zwei und sechs Monaten. Die Basisstudie zum Vergleich mit Placebo lief über drei Jahre. Für ein anschließendes offenes 7-Jahres-Follow-up wurde den Männern aus der Placebo-Gruppe am Ende der Basisstudie der vierwertige HPV-Impfstoff mit drei Dosen angeboten. Insgesamt ergab sich eine Teilnehmerzahl für die Langzeituntersuchung von 1803 Männern. Die primären Wirksamkeitsendpunkte waren:
- die Inzidenz von externen Genitalwarzen im Zusammenhang mit HPV6 oder 11
- die Inzidenz von externen Genitalläsionen (äußere Genitalwarzen, Penis-, perianale, perineale und intraepitheliale Neoplasien, Penis-, Perianal-, Perinealkarzinome) im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18
- die Inzidenz von analen intraepithelialen Neoplasien, einschließlich Analwarzen und flachen Läsionen, oder Analkrebs im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18 nur bei Männern, die Sex mit Männern hatten.
Sekundärer Endpunkt war die Immunogenität und die Seropositivität gegenüber HPV-Typen 6, 11, 16 und 18.
Niedrigere Inzidenzen nach mehreren Jahren
In der dreijährigen Basisstudie waren die Inzidenzen pro 10.000 Personenjahre bei den Teilnehmern inklusive der Nachbeobachtungszeit im Vergleich zu Placebo deutlich niedriger:
- externe Genitalwarzen im Zusammenhang mit HPV6 oder 11:
0,0 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,0–8,7) versus 137,3 (83,9–212,1) - externe Genitalläsionen im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18:
0,0 (95%-KI 0,0–7,7) versus 140,4 (89,0–210,7) - anale intraepitheliale Neoplasie oder Analkrebs im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18 bei Männern, die Sex mit Männern hatten:
20,5 (95%-KI 0,5–114,4) versus 906,2 (553,5–1399,5)
Diese Ergebnisse spiegelten sich auch in den Follow-up-Langzeitbeobachtungen wider:
- externe Genitalwarzen im Zusammenhang mit HPV6 oder 11:
0,0 (95%-KI 0,0–13,5) versus 149,6 (11,0–212,3) - externe Genitalläsionen im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18:
0,0 (95%-KI 0,0–10,2) versus 155,1 (108,1–215,7) - anale intraepitheliale Neoplasie oder Analkrebs im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18 bei Männern, die Sex mit Männern hatten:
101,3 (95%-KI 32,9–236,3) versus 886,0 (583,9–1289,1)
Deutliche Effekte nachweisbar
Während der Nachbeobachtungszeit traten in der Impfstoffgruppe der Basisstudie keine Durchbruchläsionen von äußeren Genitalwarzen im Zusammenhang mit HPV6 oder 11 auf. Gleiches galt für externe genitale Läsionen, hochgradige anale intraepitheliale Neoplasien oder Analkrebs im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18.
Über 97% der Basisstudien-Teilnehmer, die den Impfstoff erhielten, hatten einen Monat nach Erhalt der dritten Impfdosis noch Antikörper gegen alle vier HPV-Typen. Für die HPV-Typen 6, 11 und 16 blieb dieser Wert während des gesamten 10-jährigen Beobachtungszeitraums hoch. Obwohl die Seropositivität gegenüber HPV18 im Lauf der Zeit abnahm, lag sie im Monat 120 für alle vier HPV-Typen noch bei mehr als 90%.
Rückenwind für Impfmaßnahmen
Die Studienautoren leiten aus ihren Ergebnissen eine dauerhafte Schutzwirkung des quadrivalenten HPV-Impfstoffs ab. Er verhindert nachweislich anogenitale Erkrankungen, Infektionen und Läsionen im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 und 18 für bis zu 10 Jahre nach der Impfung. Unter dem Impfstoff ergaben sich zum Ende der Basisstudie weder neue Fälle von äußeren Genitalwarzen im Zusammenhang mit HPV6 oder 11, noch von externen genitalen Läsionen im Zusammenhang mit HPV6, 11, 16 oder 18. Außerdem sank die Inzidenz von Analläsionen während des mehrjährigen Follow-ups.
Der quadrivalente HPV-Impfstoff induzierte robuste Antikörpertiter und wurde als sicher bewertet. Die Ergebnisse dieser Studie untermauern aus Sicht der Autoren den Nutzen der HPV-Impfung von Männern, auch als Nachholimpfung.
Zum Weiterlesen
Wie die Kanadier es geschafft haben, die HPV-Impfquoten durch öffentlich finanzierte Impfprogramme zu steigern, erfahren Sie hier.
Quelle
Goldstone S E, et al. Efficacy, immunogenicity, and safety of a quadrivalent HPV vaccine in men: results of an open-label, long-term extension of a randomised, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet Infect Dis. 12. November 2021; S1473-3099(21)00327-3. doi: 10.1016/S1473-3099(21)00327-3.