HPV-Impfung: Lieber spät als nie

Macht eine HPV-Impfung noch Sinn, wenn bereits der erste Geschlechtsverkehr stattgefunden hat? Diese und weitere Fragen wurden auf einer Online-Fortbildung der Firma MSD geklärt.

HPV: Nicht nur Auslöser von Zervixkarzinomen

Im Jahr 2008 wurde Harald zur Hausen für die Entdeckung der humanen Papillomaviren (HPV) als Auslöser für Zervixkarzinome mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Mittlerweile wissen wir, dass 5% aller Krebserkrankungen auf HPV zurückzuführen sind. Darunter nicht nur Zervixkarzinome, sondern auch Vulva- und Vaginalkarzinome, Penis-, Anal- oder Kopf-Hals-Karzinome. Die größte Rolle spielen die HPV-Hochrisikotypen 16 und 18. Bei 90% der Proben sind jedoch sieben verschiedene HPV-Typen nachweisbar.

Frühe Impfung von Vorteil

Eine Impfung wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) mittlerweile sowohl für Mädchen als auch für Jungen im Alter zwischen 9 und 15 Jahren empfohlen. Ein früher Start der Impfung ist sinnvoll, da die Immunantwort in diesem Alter stärker ausfällt. Die T-Zell-Antwort sei hier wesentlich besser, da die Thymusdrüse nach der Pubertät schrumpft, so Prof. Dr. Martina Prelog, Würzburg.

Plädoyer für die HPV-Impfung

Für eine Impfung, auch nach dem ersten Sexualkontakt, sei es nicht zu spät, da das Präventionsspektrum auf andere HPV-Stämme erweitert wird.
Bei einer Nachholimpfung > 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von < 5 Monaten zwischen der ersten und zweiten Impfdosis ist jedoch eine dritte Impfdosis erforderlich.
Selbst eine Impfung nach einer Konisation (Entfernung von veränderten Gewebe am Gebärmutterhals mittels Elektroschlinge, Laser oder Skalpell) ist sinnvoll und wird durch einige gesetzliche Krankenkassen erstattet.

Number Needed to Vaccinate …

Das WHO-Ziel ist die Elimination des Zervixkarzinoms mit weniger als 4 Fällen pro 100.000 Personenjahre. Bis 2030 sollten dazu 90% der Mädchen bis 15 Jahre vollständig geimpft sein.
Basierend auf den Impfraten im Jahr 2015 zeigen Modellrechnungen folgendes Szenario: Wenn 44,6% der Mädchen und 22,3% der Jungen gegen HPV geimpft würden, könnten in den nächsten 100 Jahren

  • 22.122 Zevixkarzinome,
  • 25.226 andere HPV-assoziierte Karzinome (bei Männern und Frauen),
  • 5834 Zervixkarzinom-bedingte Todesfälle und
  • 10.279 Todesfälle aufgrund anderer HPV-assoziierter Karzinome

verhindert werden.

Um einen Zervixkarzinom-Erkrankungsfall zu verhindern, müssten 527 Jungen gegen HPV geimpft werden (Number Needed to Vaccinate: 527 Jungen).
Für die Verhinderung eines HPV-assoziierten Krebsfalls (bei Männern und Frauen) wären es 246 Jungen.

Erfolgsfaktoren für die HPV-Impfung

Die geschlechtsneutrale Impfempfehlung seit Juni 2018 hat mittlerweile zu fast gleichen Impfraten bei Jungen und Mädchen geführt.
Der wichtigste Faktor bei der Impfbereitschaft ist die Empfehlung durch den behandelnden Arzt. Hier spielen die Pädiater die größte Rolle. Bei Mädchen ab 15 Jahren impfen zu fast 50% die Gynäkologen. Der Hauptgründe für eine Nicht-Impfung sind Sicherheitsbedenken und Angst.

Das Impfgespräch spielt eine entscheidende Rolle. Hier können folgende Tipps hilfreich sein:

  • HPV als Standardimpfungen benennen: „Das ist eine Standardimpfung gegen bestimmte HPV-Erkrankungen. Die Impfung kann z. B. vor bestimmten Krebsvorstufen und Krebsarten schützen, die durch HPV ausgelöst werden“.
  • Aussagen treffen statt Fragen formulieren: Statt „Haben Sie schon einmal über eine HPV-Impfung nachgedacht?“ „Heute steht die HPV-Impfung an.“
  • Impfung direkt am selben Tag: „Am besten heute noch impfen – oder einen Impftermin vereinbaren.“
  • Früh impfen, Thema Sexualität umgehen: „2 Spritzen mit 9, statt 3 mit 15 Jahren.“
  • Eigene Erfahrungen teilen: „Meinen Sohn/meine Tochter habe ich auch geimpft!“; „Ich habe schon viele HPV-Impfungen durchgeführt“.

Quelle

Frau Prof. Dr. Martina Prelog, Würzburg. Status Quo zur HPV-Impfung bei Jungen und Mädchen. Fortbildungsveranstaltung von MSD: Infektionsschutz der Kinder geht uns alle an! – mit und ohne Corona, virtuell am 23. Juni 2021.