Prädiabetes: Postprandiale Werte beachten

Eine postprandiale Glucosekontrolle kann bereits vor der Manifestation eines Diabetes sinnvoll sein. Intelligente Messsysteme, in Kombination mit individuellen Ernährungsempfehlungen, waren in einer Studie effektiver als eine mediterrane Ernährungsweise.

Warnzeichen nach der Mahlzeit

Diabetes mellitus ist ein immenses Gesundheitsproblem, das weltweit stetig wächst. Bevor sich die Stoffwechselerkrankung manifestiert, besteht meist eine mehrjährige prädiabetische Phase. Jetzt rechtzeitig gegenzusteuern kann helfen, Diabeteserkrankungen und deren Folgen zuvorzukommen oder sie zumindest hinauszuzögern, zumal ein Prädiabetes als eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre und nephrologische Erkrankungen gilt. Da Nüchtern-Glucosemessungen in diesem Stadium oft unauffällig sind, bleibt das Problem in vielen Fällen leider unerkannt. Typische Warnzeichen sind postprandiale Hyperglykämien, die jedoch in diesem Stadium selten ermittelt werden.

Intelligente Messsysteme

Eine randomisierte, kontrollierte 2-Phasen-Interventionsstudie aus den USA untersuchte die Effekte einer individuellen postprandialen Glucosekontrolle, die mit Ernährungsempfehlungen gekoppelt waren. Zum Vergleich diente die mediterrane Diät.

225 Erwachsene mit Prädiabetes nutzten sechs Monate lang ein System zum kontinuierlichen Glucosemonitoring (CGM). Eine Gruppe bekam per Smartphone-App einen intelligenten Algorithmus an die Hand, der Vorhersagen über den zu erwartenden Glucosespiegel nach verschiedenen Mahlzeitenkombinationen traf. Auf dieser Basis erfolgten persönliche Empfehlungen zur Speisengestaltung. Das System berücksichtigte dabei gemessene Blutglucosereaktionen sowie persönliche klinische Daten.

Die Kontrollgruppe orientierte sich an den Richtlinien für die sogenannte mediterrane Diät und bekam ebenfalls kontinuierliche Ernährungsempfehlungen. Diese Kost, basierend auf viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Fisch, Geflügel und Olivenöl, gilt als gut untersuchte und wirksame Methode zur Prävention diverser Zivilisationskrankheiten, unter anderem zur  Senkung des Diabetes-Typ 2-Risikos.

Ergebnisse

Besonderes Augenmerk lag auf diesen Endpunkten:

  • Häufigkeit von Blutglucosespiegeln über 140 mg/dl: Hier ergab sich eine signifikante Verbesserung bei den Teilnehmern mit postprandialer Kontrolle im Vergleich mit den Nutzern der mediterranen Diät (- 1,29 Stunden täglich versus 0,66 Stunden täglich).
  • HbA1c: Hier war ebenfalls eine signifikanter Unterschied bei den Teilnehmern mit postprandialer Unterstützung zu beobachten (-0,14% versus -0,02%).
  • Beim oralen Glucosetoleranztest bestand keine signifikante Veränderung (-12,78 mg/dl versus 9,87 mg/dl).

Die Unterschiede waren auch noch nach zwölf Monaten signifikant. Außerdem konnten für die algorithmisch unterstütze Gruppe deutliche Verbesserungen beim mittleren Glucosespiegel, beim Fructosaminspiegel sowie bei den Triglyceriden und beim HDL-Cholesterin festgestellt werden.

Kommentar

Selbst wenn mehrere Menschen die gleichen Speisen genießen, reagieren ihre Blutglucosespiegel nicht gleich. Vor diesem Hintergrund sind individuelle diätetische Interventionen, die auf der tatsächlichen aktuellen Stoffwechselsituation beruhen, eine überaus komfortable Methode und sicherlich effektiver als pauschale Ernährungsempfehlungen. Allerdings dürfte die Anzahl der Patienten, die in den Genuss einer solchen ausgereiften technologischen Unterstützung kommen, (noch) sehr gering sein.

Die Studie lässt aber noch weitere Schlüsse zu: Der Einsatz kontinuierlicher Glucosemesssysteme besitzt sowohl bei Prädiabetes als auch bei diagnostiziertem Diabetes großes Potenzial und sollte von Seiten aller Beteiligten als Therapieoption geprüft werden. Und: Die mediterrane Kost und entsprechende Ernährungsempfehlungen dienen der Prävention von Diabetes und anderen Zivilisationskrankheiten. Denn die Kontrollgruppe in der Studie konnte ebenfalls Körpergewicht abbauen, Blutdruck und Blutlipide verbessern. Der kulinarische Blick Richtung Mittelmeer und regelmäßige Kontrollen von postprandialen Glucosewerte sind demnach hilfreiche Strategien gegen drohende Diabeteserkrankungen.

Quelle

Orly B-Y et al. Personalized Postprandial Glucose Response–Targeting Diet Versus Mediterranean Diet for Glycemic Control in Prediabetes; Diabetes Care 2021;44:1–12. doi:10.2337/dc21-0162.