HIV-Patienten in der Corona-Pandemie

Patienten mit HIV haben zwar nicht per se ein höheres Risiko an COVID-19 zu erkranken als andere Menschen, hatten aber in der Pandemie zeitweise mit einer eingeschränkten Versorgung der HIV-Erkrankung zu kämpfen wie ein Vortrag beim diesjährigen Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin darlegte.

Verlauf von COVID-19 bei HIV-Patienten

Bisherige Daten darauf hin, dass HIV-Patienten keine höhere Anfälligkeit für SARS-CoV-2 haben als HIV-negative Menschen. Das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko von HIV-Patienten ist leicht erhöht, in etwa in gleichem Maße wie bei anderen Begleiterkrankungen wie Diabetes.

Der größte Risikofaktor für einen schweren Verlauf ist wie bei Menschen ohne HIV ein höheres Alter. Des Weiteren sind die Verläufe bei Patienten mit niedrigen Zahlen CD4-positiver Zellen schwerer. Das ist wenig verwunderlich, so Prof. Dr. Christian Hoffmann, denn die Zellen sind auch in die Immunabwehr von SARS-CoV-2 eingebunden.

Anfänglich wurden auch einige HIV-Therapeutika als mögliche Behandlungsoptionen bei COVID-19 getestet (z. B. Lopinavir und Darunavir), die sich aber als wirkungslos erwiesen haben. Dementsprechend gibt es derzeit keine Daten, die eine Umstellung der antiretroviralen Therapie auf diese Wirkstoffe nahelegen.

Lockdown-Dellen in der Versorgung

Für eine gute HIV-Therapie ist eine lückenlose Versorgung ohne Therapieunterbrechungen essenziell. Daher gab es vielerorts die Befürchtung, dass durch die Corona-Maßnahmen die Versorgung von HIV-Patienten gefährdet sein könnte.

Tatsächlich legen erste Daten aus Südafrika nahe, dass während der Lockdown-Phasen weniger HIV-Test durchgeführt wurden, seltener Neu-Therapien initiiert wurden und Patienten seltener vorstellig wurden. In einer Untersuchung aus New York wurden ebenfalls weniger Tests gezeigt und Daten von einer Klinik aus London deuten darauf hin, dass es in diesen Phasen möglicherweise mehr sogenannte „Late-Presenter“ gab, die erst bei weiter fortgeschrittenem Erkrankungsstadium medizinischen Rat suchten. Ob daraus langfristig Schäden entstanden sind, müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.

Wirkt die Impfung auch bei HIV-Patienten?

HIV-Patienten waren in den Zulassungsstudien für die Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 kaum vertreten, dementsprechend dünn ist die Datenlage. Bisher ist nicht klar, ob HIV-Patienten genauso gut auf Impfungen ansprechen wie nicht betroffenen Menschen. Von einigen anderen Impfungen ist beispielsweise bekannt, dass bei niedriger CD4-Zell-Zahl das Ansprechen reduziert ist (z. B. gegen Hepatitis A).

Überdies gibt es auch Hinweise, dass HIV-Patienten nach einer durchgemachten COVID-19-Erkrankung eine geringere SARS-CoV-2-spezifische Immunantwort und Antikörperbildung aufweisen. Daten aus Untersuchungen mit verschiedenen Impfstoffen (z. B. von BioNTech und Novavax) deuten darauf hin, dass das Ansprechen bei HIV-Patienten geringer ausfallen könnte.

Klar ist jedoch noch nicht, ob dadurch auch wirklich ein schlechterer Schutz vor symptomatischen oder schweren Infektionen besteht oder ob – wie derzeit in Frankreich getestet – eine dreimalige Impfung das Ansprechen auf das übliche Niveau anheben könnte.

Quelle

Prof. Dr. Christian Hoffmann, ICH Stadtmitte, Hamburg. Folgen der SARS-CoV-2-Pandemie für HIV-Patienten (Symposium unterstützt von Janssen-Cilag GmbH). 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin, 16. bis 19. Juni 2021 (virtuell).