Aufgrund der Maßnahmen gegen SARS-CoV-2 ist im vergangenen Winter auch die Grippesaison quasi ausgeblieben. Überdies sind neben COVID-19 andere Erkrankungen so mancherorts in Vergessenheit geraten. Dabei ist die Grippe sonst hierzulande eine der häufigsten Infektionskrankheiten, die – ähnlich wie COVID-19 – überwiegend ältere Menschen betrifft. So war ihr dann auch ein Vortrag beim diesjährigen Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin gewidmet.
Grippe bei Älteren
Ältere Menschen erkranken besonders häufig an einer Grippe und mehr als 90% der Toten sind über 60 Jahre alt. Ältere sind von der sogenannten Immunseneszenz betroffen, der Alterung des Immunsystems. Es kommt zu Veränderungen und Dysfunktionen im angeborenen und auch erworbenen Immunsystem.
So sinkt beispielsweise die Zahl dendritischer Zellen, die bei der Antigenpräsentation eine wichtige Rolle spielen und die B- und T-Zell-Antwort wird schwächer. Durch die erniedrigte B-Zell-Antwort sinkt unter anderem die Art und Anzahl von Antikörpern und eine sterilisierende Immunität wird unwahrscheinlicher. Die reduzierte T-Zell-Antwort äußert sich unter anderem in einer kurzlebigeren Immunantwort und einer reduzierten zytokinvermittelten zytolytischen Aktivität der Effektor-CD8+-T-Zellen. Das verursacht wiederum eine schlechtere Viruselimination.
Womit gegen Grippe impfen?
Das Altern des Immunsystems führt aber nicht nur zu einer verminderten Immunantwort auf Krankheitserreger, sondern auch zu einer eingeschränkten Effektivität der üblichen Grippe-Impfstoffe. Das kann durch den Einsatz von stärker immunogenen Impfstoffen (zumindest teilweise) kompensiert werden:
- Einsatz von Adjuvantien (Fluad Tetra®)
- Erhöhung der Antigendosis (Efluelda®; wird ab Saison 2021/2022 in Deutschland verfügbar sein und für alle Über-60-Jährigen empfohlen)
- Intradermale Applikation (Intanza®; in Deutschland nicht verfügbar)
- Herstellung in Zellkultur oder rekombinant (Flucelvax®; Flubloc®; im Gegensatz zu rekombinant hergestellten Impfstoffen kann es bei der Produktion in Hühnereiern zu Mutationen kommen und der Impfstoff ist weniger wirksam als geplant)
Ein weiterer Ansatz für Grippeimpfstoffe, der erforscht wird, ist durch die Corona-Impfung bereits bekannt geworden: mRNA- und Vektortechnologien. Überdies wird nach sogenannten Universalvakzinen gesucht, die als relevantes Antigen stabilere Bestandteile des Virus enthalten, z. B. den Stamm des Hämagglutinins oder auch verschiedene Matrix- und Nukleoproteine, die dann wiederum über eine T-Zell-Antwort eine bessere Immunantwort erzeugen.
Quelle
Dr. Anja Kwetkat, Direktorin Klinik für Geriatrie am Universitätsklinikum Jena. Immunoseneszenz und Implikationen für die Influenza-Impfantwort. 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin, 16. bis 19. Juni 2021 (virtuell).