Grippeimpfung effizienter verteilen

Durch einen Wechsel der Applikationsart könnte pro Impfling Grippeimpfstoff gespart werden. So könnten mit der gleichen Menge an Impfstoff mehr Menschen immunisiert werden.

Impfstoff einsparen – mehr Dosen verfügbar

Die Grippe verursacht weltweit jährlich ungefähr 3 bis 5 Millionen schwere Krankheitsfälle und eine halbe Million Tote. Ein wichtiges Mittel zur Prävention ist daher die Impfung, bei der jährlich die zu niedrigen Impfquoten beklagt werden. Erst im Zuge der Corona-Pandemie wurde auch die Grippeimpfung häufiger gewünscht.

Sollte durch verstärkte Nachfrage der Impfstoff knapp werden, besteht möglicherweise die Option, die Dosis zu reduzieren, indem die Impfung intradermal statt intramuskulär verabreicht wird. Diese Umstellung ist bereits bei anderen Impfstoffen erfolgreich angewendet worden, beispielsweise gegen Tollwut.

Eine mögliche Erklärung, warum intradermal eine niedrigere Dosis für die gleiche Immunantwort nötig ist, liegt in den Langerhans Zellen, die in großer Zahl in der Dermis vorkommen: Diese sind hochpotente antigenpräsentierende Zellen, die sowohl eine zellvermittelte als auch humorale Immunantwort hervorrufen. In den Muskeln kommen solche antigenpräsentierende Zellen dagegen nur wenig vor.

Metaanalyse mit fast 180.000 Probanden

In einigen Studien wurden Wirksamkeit und Sicherheit einer intradermalen Grippeimpfung im Vergleich zur intramuskulären Applikation untersucht. Ein aktueller Review mit Metaanalyse bündelt diese Informationen zur vollen und reduzierten Dosis bei intradermaler gegenüber intramuskulärer Anwendung.

Eingeschlossen wurden 29 randomisierte Studien mit 13.759 Teilnehmern und eine Kohortenstudie mit 164.021 Teilnehmern. Üblicherweise wird die saisonale Grippe durch Influenza-A-Viren (Subtypen H3N2 und H1N1) oder Influenza-B-Viren ausgelöst. Im vorliegenden Review wurde die Effektivität der Impfung auf die unterschiedlichen Subtypen ebenfalls erfasst.

Serokonversionsraten

Serokonversionsrate
Prozentualer Anteil von Personen, die nach einer aktiven Impfung eine ausreichende Immunität durch die Bildung spezifischer Antikörper gegen das entsprechende Antigen erlangen (Umwandlung seronegative in seropositive Person). Zum Nachweis muss der Antikörper-Titer vor und nach der Impfung ermittelt werden. Die Serokonversion gilt als erfolgreich, wenn vor der Impfung keine Antikörper und nach der Impfung solche vorhanden waren oder wenn der Antikörper-Titer um einen definierten Faktor angestiegen ist.

Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied  zwischen den niedrigdosierten intradermalen Impfungen (3 μg, 6 μg, 7,5 μg, 9 μg) und der regulären intramuskulären Dosis (15 μg) hinsichtlich der Serokonversionsraten. Das galt für alle der untersuchten Virustypen.

Bei gleicher intradermaler und intramuskuläre Dosierung wurden für H1N1 und Influenza-B-Viren signifikant höhere Serokonversionsraten erzielt.

Seroprotektionsraten

Seroprotektionsrate
Prozentualer Anteil aller Personen, die nach einer aktiven Impfung eine ausreichende Immunität haben, die durch die Bestimmung des Antikörper-Titers bestimmbar ist. Im Gegensatz zur Serokonversionsrate wird der Zustand vor der Impfung nicht erfasst und so nicht nachgewiesen, ob durch die Impfung ein Anstieg des Antikörper-Titers erfolgt ist oder die Immunität bereits vorher bestand.

Die Seroprotektionsraten unterschieden sich in der 9-μg- und 15-μg-Dosierung intradermal nicht signifikant von der intramuskulären Impfung. Lediglich für den Subtyp H1N1 konnte mit 15 μg intradermal eine signifikant höhere Seroprotektion erreicht werden.

Intradermale Impfung als Alternative?

Lokal traten mehr Nebenwirkungen nach der intradermalen Impfung auf. Fieber und Schüttelfrost war nur bei der intradermalen Dosierung von 9 μg häufiger als bei der intramuskulären Impfung. Alle anderen systemischen unerwünschten Ereignisse unterschieden sich nicht zwischen den verschiedenen Dosierungen und Applikationsarten.

Die Autoren resümieren, dass eine reduzierte intradermale Dosis eine sinnvolle Alternative zur vollen intramuskulären Dosis sein könnte.

Quelle

Egunsola o, et al. Immunogenicity and Safety of Reduced-Dose Intradermal vs Intramuscular Influenza Vaccines. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Netw Open 2021;4(2):e2035693. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.35693