Nach Impfung gegen SARS-CoV-2 mit dem Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria) sind seltene Fälle von Hirnvenenthrombosen (Sinusvenenthrombosen) aufgetreten. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wurden inzwischen fünf Patientinnen mit Gefäßverschlüssen bzw. Thrombozytopenien erfolgreich behandelt. Die Ergebnisse dieser Behandlungen haben die Mediziner nun in der Fachzeitschrift Blood veröffentlicht.
Bei Thromboseanzeichen schnell handeln
Das Auftreten von Sinusvenenthrombosen bei jüngeren Frauen führte dazu, dass die STIKO Vaxzevria nur noch für Menschen ab 60 empfiehlt. Ursache für diese seltene Nebenwirkung ist eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems. Dabei kommt es zur Bildung von Antikörpern gegen den Plättchenfaktor 4 (PF4), es können sich Gerinnsel im Blut bilden und Thrombosen entstehen und eine Thrombozytopenie auftreten.
Bei dieser Vakzin-induzierten thrombotischen Thrombozytopenie (VITT) sind eine frühe Diagnose und Behandlung entscheidend. Kopfschmerzen und leichtes Fieber ein bis zwei Tage nach der Impfung sind den Medizinern der MHH zufolge normale Anzeichen einer Immunreaktion und kein Grund zur Sorge.
Wer aber nach mehr als vier Tagen noch starke Beschwerden hat, sollte umgehend den Hausarzt oder die Hausärztin aufsuchen. Ein dort angefertigtes Blutbild kann Aufschluss über mögliche Anzeichen einer VITT geben. Liegt tatsächlich eine VITT vor, muss sofort die Notaufnahme eines Krankenhauses aufgesucht werden. Eine jetzt veröffentlichte Publikation zu fünf Patientinnen der MHH soll behandelnden Kliniken genaue Hinweise geben, welche Behandlung sinnvoll ist.
Publikation gibt Handlungshinweise
An der MHH wurden fünf Patientinnen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen behandelt. Die Patientinnen waren zwischen 41 und 67 Jahren. Sie wurden 5 bis 11 Tage nach ihrer ersten Impfung mit dem Impfstoff von AstraZenenca (ChAdOx1 nCoV-19) vorgestellt und hatten unterschiedliche Symptome. Es traten Gefäßverschlüsse und Thrombozytopenien auf. Thrombosen betrafen nicht nur die Hirnvenen, sondern auch Venen der Bauchorgane und Arterien in Gehirn und Beinen.
Je nach Schweregrad der Erkrankung mussten die Patientinnen unterschiedlich behandelt werden. Sie erhielten eine Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin in voller Dosis oder Argatroban. Eine Patientin erholte sich rasch. Die weiteren erhielten 4 Tage lang einen Dexamethason-Puls. Drei Patientinnen erhielten intravenöses Immunglobulin (IVIG, 1 g/kg an zwei aufeinanderfolgenden Tagen) gemäß den Ad-hoc-Empfehlungen der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Thrombose und Hämostase (GTH) verabreicht (PDF).
Eine Patientin erhielt Eculizumab (900 mg wöchentlich) wegen thrombotischer Mikroangiopathie und Nierenversagen, eine weitere Patientin wegen eines schweren thromboembolischen Ereignisses nach IVIG und während der Antikoagulation auch als Salvage-Therapie.
Bei allen war die Therapie erfolgreich, drei sind lautMitteilung der MHH inzwischen wieder zu Hause.
Quellen
Tiede A, et al. Prothrombotic immune thrombocytopenia after COVID-19 vaccine. Blood 2021. https://doi.org/10.1182/blood.2021011958
Pressemitteilung der MHH vom 3. Mai 2021