COVID-19: Pathomechanismus wie Lupus erythematodes?

Bei schweren COVID-19-Verläufen kommt es anscheinend zur gleichen Aktivierung von B-Zellen und Autoantikörperbildung wie bei akuten Schüben eines systemischen Lupus erythematodes (SLE). Könnten beim SLE eingesetzte zielgerichtete immunmodulatorische Therapien auch bei schwerem Verlauf von COVID-19 wirken? Diese Frage stellt sich die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN), nachdem in Nature Immunology eine Arbeit zur Korrelation des Pathomechanismus veröffentlicht wurde.

Was ist systemischer Lupus erythematodes (SLE)?

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche, meist schubförmig verlaufende Autoimmunerkrankung. Betroffen sind verschiedene Organe, darunter Haut, Lunge, Herz, zentrales Nervensystem, Muskeln/Gelenke und bei einem Großteil der Patienten die Nieren. Bei der Lupus-Nephritis kommt es zu einer Nierenentzündung, vor allem der Nierenkörperchen. SLE-Patienten mit Nierenentzündung haben ein erhöhtes Risiko für Nierenversagen, koronare Herzkrankheiten, Schlaganfälle und B-Zell-Lymphome.

Es gibt verschiedene Ursachen für einen SLE, darunter genetische Veranlagung, hormonelle und umweltbedingte Trigger. Der Pathomechanismus ist komplex, es ist jedoch bekannt, dass Immunzellen aktiviert und verschiedene Autoantikörper gebildet werden, was zu schweren Entzündungsprozessen im Körper führt.

Anti-Malaria-Mittel (Chloroquin, Hydroxychloroquin) gelten beim SLE als Basismedikation. Je nach Schweregrad kommen außerdem nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Glucocorticoide, Azathioprin, Methotrexat, Leflunomid oder Belimumab zum Einsatz, bei Lupus Nephritis neben systemischen Glucocorticoiden auch Cyclophosphamid oder Rituximab.

Was hat SLE nun mit COVID-19 zu tun?

Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe publizierte kürzlich eine Arbeit in Nature Immunology, der zufolge bei schwerkranken COVID-19-Patienten der gleiche Pathomechnaismus wie bei SLE zugrunde liegen könnte. Bei diesen Patienten werden ebenfalls vermehrt antikörpersezernierende Zellen aktiviert und autoantikörperbildene Zellen (extrafollikuläre CD19+-B-Zellen) gebildet. Welche Rolle die Autoantikörper bei COVID-19 spielen, ist noch nicht bekannt.

Diese Hypothese untermauern auch Untersuchungen aus Deutschland, nach denen – wie beim SLE – eine frühe Nierenbeteiligung (Proteinurie und/oder Hämaturie) bei COVID-19 prognosebestimmend sein könnte.

Was bedeutet das für weitere Untersuchungen?

Sollten sich die Daten bestätigen, stelle sich Professor Dr. Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der DGfN, zufolge die Frage, ob bei COVID-19 ähnliche zielgerichtete immunmodulatorische Therapien wie beim SLE erfolgversprechend sein könnten. Ein Beispiel sei Belimumab. Der Antikörper ist zugelassen als Zusatzbehandlung bei erwachsenen Patienten mit Auto-Antikörper-positivem SLE, die trotz Standardtherapie mit Hydroxychloroquin, Glucocorticoiden oder anderen Immunsuppressiva eine erhöhte Krankheitsaktivität aufweisen. Ob er bei schweren Verläufen von COVID-19 wirkt, müsste jedoch in weiteren Studien untersucht werden. Derzeit sind allerdings noch keine klinischen Studien zu Belimumab bei COVID-19 im ClinicalTrials-Register gemeldet.

Quellen

Woodruff MC, et al. Extrafollicular B cell responses correlate with neutralizing antibodies and morbidity in COVID-19. Nature Immunology, 2020; DOI: 10.1038/s41590-020-00814-z. https://www.nature.com/articles/s41590-020-00814-z.

Pressemitteilung der DGfN vom 26.10.2020. https://www.dgfn.eu/pressemeldung/gleicher-pathomechanismus-bei-schweren-covid-19-verlaeufen-wie-beim-systemischen-lupus-erythematodes.html.

Zum Weiterlesen

Für Abonnenten der Arzneimitteltherapie zugänglich: „Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Fortschritte in der Behandlung des SLE und assoziierter Erkrankungen“