COVID-19: Remdesivir bei Patienten mit schwerer Erkrankung

In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie mit erwachsenen Patienten, die wegen einer schweren COVID-19-Erkrankung stationär im Krankenhaus waren, erprobten Ärzte die Behandlung mit Remdesivir. Die Studie war allerdings nicht ausreichend gepowert.

Sterblichkeit bis zu 50%

Im Rahmen der SARS-CoV-2- Infektion erkranken 15% der Erwachsenen so schwer, dass sie im Krankenhaus stationär behandelt werden müssen. Bei bis zu 5% der Erkrankten führen die Pneumonie und das Multiorganversagen zur Notwendigkeit einer Intubation und künstlichen Beatmung. Bei Patienten mit multiplen Komorbiditäten, die künstlich beatmet werden müssen, steigt die Sterblichkeit auf bis zu 50% an. Remdesivir ist ein Virustatikum, das bei In-vitro- und Tiermodellen die Infektion mit SARS-CoV-2 positiv beeinflusst. Die Substanz war bereits bei der Behandlung der Ebola-Epidemie in Afrika eingesetzt worden. Jetzt werden die Ergebnisse der ersten randomisierten Placebo-kontrollierten Studie aus China berichtet.

Studie mit schwer erkrankten Patienten

Es handelte sich um eine randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte, multizentrische Studie in zehn Krankenhäusern in Hubei, China. Eingeschlossen wurden Erwachsene, die mit einer im Labor bestätigten SARS-CoV-2-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Die Randomisierung erfolgte innerhalb von 12 Tagen ab dem Einsetzen der Symptome. Weitere Einschlusskriterien waren eine Sauerstoffsättigung von 94% oder weniger oder ein Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck zu fraktioniertem eingeatmetem Sauerstoff von 300 mm Hg oder weniger, und eine radiologisch bestätigte Pneumonie.

Die Patienten wurden in einem Verhältnis von 2:1 mit intravenösem Remdesivir (200 mg am Tag 1 gefolgt von 100 mg an den Tagen 2 bis 10) oder Placebo-Infusionen über 10 Tage behandelt. Eine Komedikation mit Lopinavir-Ritonavir, Interferonen und Glucocorticoiden war möglich.

Der primäre Endpunkt der Studie war die Zeit bis zur klinischen Besserung bis zum 28. Tag. Die Besserung war definiert als die Zahl der Tage von der Randomisierung bis zum Rückgang um zwei Punkte auf einer sechsstufigen Ordinalskala für den klinischen Status (von 1 = Entlassung bis 6 = Tod). In den primären Endpunkt gingen die Patienten ein, die nicht im Krankenhaus verstarben.

Klinische Besserung nach 21 oder 23 Tagen

Zwischen dem 6. Februar 2020 und dem 12. März 2020 wurden 237 Patienten rekrutiert und nach dem Zufallsprinzip behandelt:

  • Remdesivir (n = 158)
  • Placebo (n = 79)

Die Patienten waren im Mittel 65 Jahre alt und 60% waren Männer. 40% litten unter einer arteriellen Hypertonie und 23% unter einem Diabetes mellitus. 82% der Patienten benötigten Sauerstoff und 15% mussten die Ärzte beatmen.

Die Remdesivir-Anwendung führte nach durchschnittlich 21 Tagen zur einer klinischen Verbesserung und Placebo nach 23 Tagen (Hazard-Ratio 1,23; 95%-Konfidenzintervall 0,87-1,75). Die 28-Tage-Mortalität betrug 22/158 = 14% in der Remdesivir-Gruppe und 10/78 = 13% in der Placebo-Gruppe.

Unerwünschte Ereignisse (AEs) registrierten die Ärzte bei 102/155 Patienten (66%), die Remdesivir erhielten, gegenüber 50/78 Placebo-Patienten (64%). Die Behandlung mit Remdesivir wurde wegen AEs bei 18 (12%) Patienten vorzeitig abgebrochen gegenüber 4 (5%) Patienten unter Placebo.

Kommentar

Den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in China ist es gelungen, innerhalb kurzer Zeit eine gut geplante randomisierte Studie zum Einsatz von Remdesivir bei erwachsenen Patienten mit schwerer SARS-CoV-2-Infektion durchzuführen.

Die Studie erreichte allerdings nicht die ursprünglich geplante Zahl von 453 Patienten, da in den Krankenhäusern die Zahl der COVID-19-Patienten deutlich zurückging. Die 23%ige Risikoreduktion für den primären Endpunkt war statistisch nicht signifikant. Die entsprechende Risikoreduktion wäre allerdings klinisch relevant gewesen, wenn die Studie eine ausreichende Patientenpopulation aufgewiesen hätte.

Positiv zu vermerken war, dass Remdesivir gut vertragen wurde. Im Moment laufen noch vier weitere randomisierte Placebo-kontrollierte Studien zur Therapie mit Remdesivir bei Patienten mit schwerer SARS-CoV-2-Infektion. Eine dieser Studien soll 6000 Patienten einschließen. Erst nach Abschluss dieser Studien wird die Rolle von Remdesivir in der Therapie der COVID-19-Erkrankung abschließend zu beurteilen sein.

Quelle

Wang Y, et al. Remdesivir in adults with severe COVID-19: a randomised, double-blind, placebo-controlled, multicentre trial. The Lancet. 2020;395:1569-78.

Autor

Foto Prof. Diener
Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener. Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE).