Smartphone als Teil einer multimodalen Schmerztherapie

Wie muss eine kindgerechte Schmerztherapie aussehen und was muss bei dieser besonderen Patientengruppe beachtet werden?

Kinder sind besondere Patienten

Die Behandlung von Kindern stellt Therapeuten vor besondere Herausforderungen. Nicht nur anatomische und physiologische, sondern auch psychologische Besonderheiten müssen berücksichtigt werden. Auf dem Arzt-Apotheker-Symposium im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses 2019 in Mannheim zeigte Dr. Eva Hoffmann, leitende Oberärztin für multimodale Schmerztherapie, Herne, die Besonderheiten einer Schmerzbehandlung im Kindesalter auf.

Das Schmerzgedächtnis vergisst nichts

Scheinbar harmlose Schmerzreize können bereits bei Früh- und Neugeborenen das nozizeptive System für Monate oder Jahre ungünstig beeinflussen.

Eine Beschneidung (Zirkumzision) ohne Analgesie führt zum Beispiel später zu einer generell erniedrigten Schmerzschwelle. Bereits kleine Eingriffe oder diagnostische Verfahren oder Behandlungen auf der Intensivstation führen zur Aussprossung von Schmerzfasern (A(β)- und C-Fasern) in Richtung der Gewebeschädigung. Dadurch kommt es zu einer Hyperinnervation. Letztendlich wird die Entwicklung des Schmerzgedächtnisses negativ beeinflusst. Folgen sind eine Chronifizierung mit Hyperalgesie und gesteigerter Schmerzempfindlichkeit (Allodynie). Hierdurch ist bei den jungen Patienten die Schmerzschwelle erniedrigt, die Schmerzwahrnehmung und Schmerzreaktion sind erhöht.

Universelles Recht auf Schmerzlinderung

Auch die Schmerztherapie im Kindesalter sollte, wie bei Erwachsenen, nach einem multimodalen Konzept erfolgen. Dieses beinhaltet systemische und regionale Verfahren, die lokale Applikation von Arzneimitteln sowie weitere Verfahren wie Kryotherapie, Lagerung, Akupunktur und psychologische Betreuung.

Neben der Arzneimitteltherapie stehen verschiedene psychologische Hilfen zur Verfügung:

  • Die Intervention sollte immer ehrlich und altersentsprechend dargestellt werden.
  • Einbeziehung der Eltern
  • Ganzheitliche Behandlung
  • Ablenkung, Zerstreuung (Filmgucken)
  • Positive Verstärkung (Lob, Belohnung, Essen/Trinken)

Damit diese Hilfen auch effektiv sind, muss das jeweilige Alter des Kindes berücksichtigt werden. Kognitives Denken (logisches Denken und Problemlösen) ist zum Beispiel erst ab einem Alter von etwa zehn Jahren möglich.

Wenn bei einem großen Eingriff regionale Anästhesieverfahren, beispielsweise mit Bupivacain oder Ropivacain, nicht möglich sind, kann für Kinder ab einem Alter von fünf Jahren eine systemische Pharmakotherapie mit einer PCA(patient-controlled analgesia)-Technik gewählt werden. Dabei kann  der Patient eine vorprogrammierte Analgetikadosis per Knopfdruck über eine elektonische Pumpe abrufen. Grundsätzlich gilt laut Dr. Eva Hoffmann:

 „Gameboy-fähig = PCA-fähig!“

Mittlerweile kann man sich wohl eher an der Bedienfähigkeit eines Smartphones orientieren.

Welche Dosierungen im Off-label-Bereich?

60 bis 80% der bei Kindern eingesetzten Pharmaka besitzen keine Zulassung. Eine Hilfestellung für die Anwendung von Schmerzmitteln bei Kindern außerhalb des Zulassungsbereichs bietet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es hat für einige Arzneistoffe Empfehlungen zu den Angaben in Fach- und Gebrauchsinformationen herausgegeben. Beispielsweise findet man auf der Homepage des BfArM Informationen zu Anwendungsgebieten und Dosierungen von Diclofenac bei Kindern.