Dacomitinib: Überlebensvorteil versus Nebenwirkungen

Seit April 2019 ist Dacomitinib für die Erstlinientherapie von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam in seiner Nutzenbewertung zum Schluss, dass die Nebenwirkungen den Überlebensvorteil überwiegen – und zwar so deutlich wie selten.

IQWiG bescheinigt keinen Zusatznutzen

In der frühen Nutzenbewertung wird anhand der vorliegenden und eingereichten Studienergebnisse untersucht, ob ein neu zugelassener Wirkstoff den Betroffenen einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet.

Bei dem Tyrosinkinasehemmer Dacomitinib kam das IQWiG Anfang August 2019 zum Schluss, dass kein Zusatznutzen bescheinigt werden könne. Die Überlebenszeit war in der zulassungsrelevanten Studie ARCHER1050 unter Dacomitinib zwar länger als unter der Vergleichsmedikation Gefitinib (ca. 34 Monate vs. 27 Monate), diesem Vorteil standen jedoch viele, teils schwere, Nebenwirkungen gegenüber. Häufiger und früher kam es zu einer Verschlechterung von patientenberichteten Symptomen. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität war unter dem Tyrosinkinasehemmer schlechter als unter der Vergleichstherapie (bei Vorliegen einer EGFR-Mutation vom Typ „L858R“ oder „del 19“: Afatinib, Gefitinib oder Erlotinib; ansonsten eine patientenindividuelle Therapie).

In der Pressemitteilung vom 2. August heißt es von Seiten des Leiters des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG, Thomas Kaiser:

„Gerade die Einbußen in der Lebensqualität sind bemerkenswert; die Daten sind selten so deutlich wie hier. Die Patientinnen und Patienten sahen sich in ihrem globalen Gesundheitsstatus, ihrer Rollenfunktion, ihrer kognitiven Funktion und ihrer sozialen Funktion stärker beeinträchtigt als mit Gefitinib.“

Qualität vor Quantität

Oft wird, wenn das IQWiG keinen Zusatznutzen bescheinigen kann, auf die fehlende zweckmäßige Vergleichstherapie in den vorgelegten Studien verwiesen. Bei dieser Nutzenbewertung geht es jedoch nicht darum, sondern um die Nebenwirkungen. Die Frage ist eher, wie viele Nebenwirkungen man für gewonnene Lebenszeit zumuten kann.