Unter dem CDK-4/6-Inhibitor Ribociclib zeigte sich in einer aktuellen Studie ein Gewinn von Lebenszeit für Patientinnen mit Brustkrebs. Bisher war man davon ausgegangen, dass sie Substanzklasse nur die Zeit bis zum nächsten Rezidiv verlängert. Trotzdem attestiert der G-BA keinen Zusatznutzen.
Bei Brustkrebs ist ab einem gewissen fortgeschrittenen Stadium (z.B. Fernmetastasten) eine systemische medikamentöse Therapie indiziert. Diese richtet sich nach den Rezeptoren, die der Tumor exprimiert.
Die MONALEESA-7-Studie
In die doppelblinde Phase-III-Studie wurden prä- oder perimenopausale Frauen mit Hormonrezeptor-positivem und HER2-negativem fortgeschrittenem Mammakarzinom aufgenommen und randomisiert. Die Patientinnen hatten zuvor keine endokrine Therapie erhalten oder waren höchstens im (neo-)adjuvanten Stadium der Erkrankung mit einer endokrinen Therapie behandelt worden.
- Ribociclib (600 mg/Tag) jeweils über drei Wochen gefolgt von einer Woche Pause (n = 335)
- Placebo (n = 337)
Beide Gruppen erhielten zusätzlich eine endokrine Therapie bestehend aus Tamoxifen plus Goserelin oder einem nichtsteroidalen Aromataseinhibitor plus Goserelin.
Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS).
Verbessertes Gesamtüberleben
Bereits 2018 wurde im Lancet eine Verbesserung des medianen progressionsfreien Überlebens unter dem CDK-4/6-Inhibitor Ribociclib berichtet (23,8 vs. 13,0 Monate).
Nun wurden im New England Journal of Medicine die Daten zum Gesamtüberleben publiziert. Nach 42 Monaten lebten in der Ribociclib-Gruppe noch 70,2% der Patienten, in der Placebo-Gruppe waren es 46,0%.
In der Ribociclib-Gruppe traten mehr Nebenwirkungen auf als in der Placebo-Gruppe. Das Risiko für eine Neutropenie ist zum Beispiel deutlich erhöht (Grad 3/4: 63,5% vs. 4,5%).
Warum ist diese Studie wichtig?
Bei prämenopausalen Patientinnen in dieser Krankheitssituation ist bisher eine endokrine Therapie der Therapiestandard. Dabei wird ein Aromatasehemmer oder das Antiestrogen Fulvestrant gegeben und die Ovarfunktion ausgeschaltet, z.B. mit Goserelin. Zusätzlich können die Patientinnen einen CDK-4/6-Inhibitor erhalten. Nach der bisherigen Datenlage verlängert sich dadurch nur die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung, aber nicht die Lebenszeit. In der MONALEESA-7-Studie verringerte sich nun unter dem CDK-4/6-Inhibitor Ribociclib jedoch auch die Sterblichkeit.
Ist Ribociclib besser als andere CDK-4/6-Inhibitoren?
In der PALOMA-3-Studie zeigte der CDK-4/6-Inhibitor Palbociclib in einer ähnlichen Therapiesituation keine Verlängerung der Lebenszeit. Das kann am anderen Rezeptorprofil oder einer unterschiedlichen Kinetik im Vergleich zu Ribociclib liegen. Allerdings unterschieden sich das Patientenkollektiv und die endokrine Therapie der beiden Studien.
Warum kommt der G-BA zu einem anderen Ergebnis?
Ribociclib ist nicht in Kombination mit Tamoxifen zugelassen. In der Auswertung des G-BA wurde eine Patienten-Population nicht berücksichtigt, von der ein großer Anteil während der Studie mit dieser Kombination behandelt wurde. In der neuen Berechnung ergab sich kein signifikanter Überlebensvorteil mehr für die Ribociclib-Gruppe. In anderen Endpunkten zeigte sich zwar ein Vorteil, allerdings traten auch deutlich mehr Nebenwirkungen unter Ribociclib auf.
Kommentar
Der Vorteil von Ribociclib auf das Überleben war vor allem bei Patienten zu sehen, deren neoadjuvante endokrine Vortherapie mindestens 12 Monate zurücklag. Gerade diese Gruppe konnte der G-BA aber in seine Auswertung nicht einbeziehen, da ein Großteil der Verum-Patienten die Kombination aus Ribociclib und Tamoxifen erhielt. Diese deckt die Zulassung nicht ab.
Das Ergebnis der Nutzenbewertung ist frustrierend vor allem, da ein Vorteil im Gesamtüberleben bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom nur schwierig nachzuweisen ist. Nach dem Ende der Studienmedikation erhalten die Patientinnen oft weitere Medikamente, die den Vorteil wieder relativieren.
Die Bewertung des Zusatznutzens sollte bei der Planung der Zulassungsstudien bereits berücksichtigt werden. Sonst ist ein statistisch sauberer Nachweis oft nicht möglich. Ich sehe hier aber nicht nur die Hersteller, sondern auch die Zulassungsbehörden in der Pflicht. Um den Aufwand in Grenzen zu halten, wäre ein einheitliches europäisches Verfahren nötig, das den Nachweis von Wirksamkeit und Zusatznutzen abdeckt.
Zu dem Zeitpunkt als die MONALEESA-7-Studie geplant wurde, war nicht bekannt, dass die Kombination aus Ribociclib und Tamoxifen deutlich häufiger zu einer Verlängerung des QT-Intervalls führt als die Kombination mit einem Aromatasehemmer. Trotzdem hätte man die Studienarme anders anlegen können, um die Wahrscheinlichkeit für den Nachweis eines Zusatznutzens in solch einem Fall zu erhöhen.