In einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie wurde geprüft, ob eine Magenbypass-Operation auch schon für Jugendliche sinnvoll sein kann.
Unterschiedliches Alter aber gleiches Gewicht
Die Studie schloss 161 Jugendliche und 396 Erwachsene ein. Beide Gruppen hatten im Durchschnitt einen BMI von 50 und ein mittleres Gewicht von 148 kg. Das mittlere Alter betrug 17 beziehungsweise 38 Jahre.
Nach einer Roux-en-Y-Magenbypass-Operation beobachteten die Forscher die Teilnehmer fünf weitere Jahre.
Typ-2-Diabetes bessert sich stärker bei den Jugendlichen
Nach fünf Jahren gab es keinen signifikanten Unterschied im Gewichtsverlust zwischen Jugendlichen und Erwachsenen (-26 vs. -29%). Bei den Jugendlichen kam es jedoch häufiger zur Besserung eines Typ-2-Diabetes (86 vs. 53 %) oder eines Bluthochdrucks (68 vs. 41 %).
In der Nachbeobachtungsphase starben drei Jugendliche (1,9 %) und sieben Erwachsene (1,8 %). Eine erneute Operation (OP) erfolge öfter bei Jugendlichen (19 vs. 10 erneute OP pro 500 Personenjahre).
Niedrige Ferritin-Spiegel traten häufiger bei Jugendlichen auf (48 vs. 29 %)
Erkrankungen bei Jugendlichen noch reversibel
Wirksamkeit und Sicherheit einer Roux-en-Y-Bypass-Operation waren in dieser Studie bei Jugendlichen und Erwachsenen mit ähnlichem Ausgangsgewicht praktisch identisch. Weder beim Gewichtsverlust noch bei den Todesfällen gab es Unterschiede.
Allerdings besserten sich die Adipositas-assoziierten Erkrankungen Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes bei den Jugendlichen deutlich besser. Eine plausible Erklärung ist, dass die physiologischen Veränderungen bei Personen mit kürzerer Krankheitsdauer noch stärker reversibel sind.
Die Versorgung mit Mikronährstoffen (Eisen, Vitamin-D) war bei Jugendlichen allerdings schlechter. Das könnte aber auch auf die geringere Adhärenz von Jugendlichen bei der Einnahme von Supplementen zurückzuführen sein.
Die höhere Rate von erneuten Operationen bei Jugendlichen können die Studienautoren keiner Ursache zuordnen. Statt vermehrten Komplikationen könnten auch andere Gründe verantwortlich sein.
Tod nach Operation
Zwei der Todesfälle bei den Jugendlichen waren mit Substanzmissbrauch (Überdosis) assoziiert. Aus der Studienpublikation geht nicht hervor, ob die Patienten eine suizidale Absicht hatten. Es ist jedoch bekannt, dass es nach Adipositaschirurgie-Eingriffen vermehrt zu Suizidversuchen kommen kann. In der adipösen Population sind schwere Depressionen bereits vor der OP häufiger und der mentale Zustand kann sich nach der OP weiter verschlechtern. Forscher diskutieren in diesem Zusammenhang hormonelle Veränderungen oder ein verändertes Suchtverhalten: Nachdem die übermäßige Aufnahme von Nahrung nicht mehr möglich ist, verschieben sich die kompensatorischen Mechanismen zu Drogen und Alkohol.
Wir müssen früher ansetzen
Wahrscheinlich operieren wir die falschen Patienten, nämlich Personen, die schon unumkehrbare physiologische Veränderungen durch die Adipositas erlitten haben. Auf jeden Fall sollten auch jüngere Patienten für die Adipositaschirurgie in Betracht gezogen werden. Außerdem müssen wir diskutieren, ob auch Personen mit niedrigerem BMI Zugang zur Operation in Deutschland erhalten sollten. Da Heranwachsende oft psychischen Belastungen ausgesetzt sind, sollten sie nach einer Operation psychologisch begleitet werden, da sich das Risiko für Selbstmorde erhöhen kann.