Wirkt Levodopa neuroprotektiv?

Levodopa ist aus der Parkinsontherapie nicht wegzudenken. Doch wirkt die Dopaminvorstufe rein symptomatisch oder verändert sie auch den Krankheitsverlauf? Die LEAP-Studie sollte Aufschluss geben.

Levodopa: Standard bei Morbus Parkinson

Morbus Parkinson wird initial entweder mit Dopaminagonisten oder mit der Dopaminvorstufe Levodopa in Kombination mit Carbidopa behandelt. Aus verschiedenen Gründen verzögert man den Beginn der Levodopa-Gabe – unter anderem aus Sorge, die verfrühte Gabe könnte Dyskinesien induzieren. Zur Kontrolle der motorischen Symptome erhalten jedoch fast alle Parkinson-Patienten früher oder später Levodopa.

Verschiedene Studien hatten widersprüchliche Ergebnisse ergeben, ob Levodopa nur eine symptomatische Wirkung oder auch einen Einfluss auf die Krankheitsprogression hat und beispielsweise den Verlust von Dopamin-Nervenendigungen beschleunigen könnte.

LEAP-Studie: Wirkt Levodopa krankheitsmodifizierend?

Ob Levodopa das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit über den unmittelbaren Nutzen der Symptomkontrolle hinaus beeinflusst, sollte mit der multizentrischen, doppelblinden, Placebo-kontrollierten LEAP-Studie bei Patienten mit früher Parkinson-Erkrankung untersucht werden. Um eine mögliche krankheitsmodifizierende Wirkung von Levodopa von einer Wirkung auf die Symptome trennen zu können, wählte man ein zweiphasiges Studiendesign:

  • In Phase 1 erhielten die Patienten entweder Levodopa oder Placebo. Ein Unterschied zwischen den Gruppen am Ende dieser Phase kann das Ergebnis einer Symptomwirkung, einer krankheitsmodifizierenden Wirkung oder von beidem sein.
  • In Phase 2 erhielten beide Gruppen Levodopa. Anhaltende Unterschiede zwischen den Gruppen am Ende dieser Phase weisen auf einen krankheitsmodifizierenden Effekt hin. Hätte das Arzneimittel nur auf die Symptome einen Einfluss, sollten sich die beiden Gruppen wieder angleichen.

Insgesamt wurden 445 Patienten in die Studie aufgenommen. Die eine Hälfte der Patienten erhielt bereits initial Levodopa 100 mg 3-mal täglich in Kombination mit Carbidopa 25 mg 3-mal täglich über einen Zeitraum von 80 Wochen. Die zweite Behandlungsgruppe erhielt zunächst 40 Wochen lang Placebo und weitere 40 Wochen die Studienmedikation. Primärer Endpunkt war der Gesamtscore auf der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (UPDRS), die die Beeinträchtigung durch die Krankheit misst.

Keine signifikanten Unterschiede in Woche 80

Die Veränderung im UPDRS-Score zwischen Beginn der Studie und Woche 80 betrug –1 ± 13 Punkte bei den von Anfang an behandelten Patienten und –2 ± 13 Punkte bei den verzögert behandelten Patienten. Es ergaben sich auch keine Hinweise für eine neurotoxische Wirkung, da Dyskinesien und motorische Fluktuationen nach 80 Wochen in beiden Behandlungsgruppen gleich häufig waren.

Offenbar hat Levodopa keinen krankheitsmodifizierenden Einfluss auf die Erkrankung. Einschränkend ist zu sagen, dass 70 % der initial mit Placebo behandelten Patienten, bereits vor der 40. Woche eine Levodopa-Therapie erhielten. Wurde dieser Aspekt in der Auswertung berücksichtigt, ergab sich jedoch das gleiche Ergebnis.

Derzeitige Behandlungspraxis kann beibehalten werden

In der aktuellen Ausgabe der Arzneimitteltherapie (AMT 5/19) kommentiert der Neurologe Professor Dr. Hans-Christoph Diener, Essen, die Studie folgendermaßen:

„Zusammengefasst zeigt die Studie, dass Levodopa weder neurotoxisch noch neuroprotektiv ist und dass daher nichts dagegen spricht, wenn Patienten mit Einschränkung der körperlichen Funktion oder der Lebensqualität durch die Parkinson-Symptomatik mit einer Levodopa-Therapie beginnen.“

Im New England Journal of Medicine kommen Susan Bressman und Rachel Saunders-Pullman von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York/USA in einem begleitenden Kommentar zu einem ähnlichen Ergebnis:

Diese Studie unterstützt […] die derzeitige Praxis. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass ein frühes Einleiten von Levodopa das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt. Andererseits gibt es keinen Grund, die Therapie zu verschieben, wenn sie klinisch angezeigt ist. Die Ergebnisse […] unterstützen eine Behandlung, die sich an den klinischen Bedürfnissen orientiert und die niedrigste Dosis verwendet, die eine zufriedenstellende klinische Wirkung liefert.“

Quelle

Verschuur CVM, et al. Randomized delayed-start trial of levodopa in Parkinson’s disease. N Engl J Med 2019;380:315–24.