Perianale Fisteln bei Morbus Crohn: Stammzelltherapie mit Zusatznutzen

Die im Frühjahr 2018 zugelassene Stammzelltherapie mit Darvadstrocel (Alofisel®) für komplexe, perianale Fisteln bei Morbus Crohn hat einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen bescheinigt bekommen. Da es sich bei Darvadstrocel um ein Orphan Drug handelt, gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt – solange ein Jahresumsatz von 50 Mio EUR nicht überschritten wird. In der Nutzenbewertung ging es daher vor allem um die Kostenanalyse.

Stammzellen zur Therapie komplexer, perianaler Fisteln

Die Therapie komplexer Fisteln bei Morbus Crohn stellt eine enorme Herausforderung für Patient und Arzt dar. Zu den bisherigen Behandlungsmöglichkeiten gehören Antibiotika, Biologika, Immunmodulatoren und Operationen – einzeln oder in Kombination. Aufgrund der hohen Rezidivrate sind bei Patienten mit langer Krankheitsdauer wiederholt Operationen und Wechsel des Therapieregimes angezeigt.

Darvadstrocel ist seit März 2018 zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit komplexen perianalen Fisteln bei nichtaktivem/gering aktivem luminalem Morbus Crohn zugelassen, wenn die Fisteln auf mindestens eine konventionelle oder biologische Therapie unzureichend angesprochen haben.

Zusatznutzen ja, aber nicht quantifizierbar

Darvadstrocel hatte in der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie ADMIRE CD statistisch signifikante Vorteile in der klinischen Beurteilung und in der vom Patienten wahrgenommenen Symptomatik gezeigt. In den Endpunktkategorien Lebensqualität sowie Nebenwirkungen bestanden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Vergleichsarmen.

Das Ausmaß des Zusatznutzens gab der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) als nicht quantifizierbar an, da Limitationen der Endpunkterhebung und -analyse und ausstehende Langzeitergebnisse keine quantitative Beurteilung erlaubten (PDF):

„Ein Zusatznutzen liegt vor, ist aber nicht quantifizierbar, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine quantifizierbare Aussage zum Ausmaß des Zusatznutzens für patientenrelevante Endpunkte zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zulässt.“

Darvadstrocel wird als Einmalgabe intraläsional unter Anästhesie appliziert. Eine Einzeldosis enthält eine Suspension aus 120 Millionen Stammzellen, verteilt auf vier Durchstechflaschen. Damit können bis zu drei Fistelgänge mit einer Fistelöffnung im Perianalbereich behandelt werden. Die Kosten für die Zellen gibt der G-BA mit 60.000 EUR (plus Mehrwertsteuer) an. Die weiteren Kosten für die unmittelbare Vorbereitung der Fistelgänge, darunter Kürettage und Vernähen der internen Fistelöffnungen, sind laut G-BA nicht quantifizierbar.

Innovative Alternative ja, aber tatsächlicher Stellenwert wird sich zeigen müssen

Ob die Applikation von Stammzellen die häufigen Operationen für betroffene Patienten reduzieren und ob die Remission länger andauern kann, wird sich erst in der Zukunft zeigen.

Dr. med. Markus Casper und Prof. Dr. med. Frank Lammert vom Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) bewerten die Stammzelltherapie in der aktuellen Ausgabe der „Arzneimitteltherapie“ als:

„eine innovative Alternative nach Versagen konventionell-chirurgischer Therapieansätze unter Nutzung auch komplexer Operationsverfahren bei limitiertem perianalen Fistelleiden ohne höhergradige strukturelle Veränderungen. […] Der tatsächliche Stellenwert des Verfahrens wird sich erst nach hinreichender Erfahrung im Alltag zeigen, sodass erst dann eine Einordnung in den allgemeinen Therapiealgorithmus möglich sein wird.“

Sind Sie Abonnent der „Arzneimitteltherapie“ (AMT)? Lesen Sie die komplette Vorstellung der Stammzelltherapie von Dr. Matthias Desch mit Darvadstrocel und die Einschätzung der Experten vom  UKS in der Dezemberausgabe der AMT.

Weitere Informationen finden sich auch in der Fachinformation von Darvadstrocel (PDF).