Die Einnahme von Antidepressiva kann laut einer Studie bei COPD-Patienten das Risiko für Lungenentzündungen und vermehrte Krankheitslast erhöhen.
Dilemma durch Kombination
Sowohl die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) als auch Verordnungen von Antidepressiva kommen häufig vor. Zudem zählen Depressionen sowie Angst- und Panikstörungen bei COPD-Patienten zu den bekannten Begleiterscheinungen und sollten entsprechend medikamentös behandelt werden. Daher ist es wahrscheinlich, dass bei nicht wenigen Menschen die Kombination aus COPD-Erkrankung und Einnahme eines Antidepressivums gegeben ist.
Inwieweit diese für die Lungengesundheit problematisch sein kann, war Gegenstand einer aktuellen Studie aus dem Vereinigten Königreich. Es handelte sich um eine sogenannte self-controlled case serie, also gab es keine abweichende Kontrollgruppe. Vielmehr wurde ein 90-tägiger Zeitraum nach der Antidepressiva-Verordnung verglichen mit einer ebenso langen Phase bei den gleichen Patienten vor der Verordnung bzw. nach einer Auswaschphase nach dem Absetzen.
Mehr Pneumonien und Exazerbationen
Von den untersuchten 31.253 COPD-Patienten, die mindestens ein Antidepressivum in Form eines selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers (SNRI) oder trizyklischen Antidepressivums (TZA) erhielten, entwickelten 1969 eine Lungenentzündung und 18.483 COPD-bezogene Exazerbationen. Das Pneumonie-Risiko war innerhalb von 90 Tagen nach der Antidepressiva-Verordnung um 79 % erhöht (altersbereinigtes Inzidenzratenverhältnis [IRR] 1,79; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,54–2,07). Das Risiko für COPD-Exazerbationen war um 16 % erhöht (IRR 1,16; 95%-KI 1,13–1,20). Unterschiede zwischen den drei Wirkstoffgruppen konnten die Studienautoren nicht beobachten.
Risiken sinken nach Absetzen
Dass die erhöhten Risiken nach dem Absetzen der Antidepressiva wieder abnahmen, bekräftigt den vermuteten Zusammenhang. Wohingegen das erhöhte Pneumonie-Risiko direkt reversibel war, blieb das erhöhte Exazerbationsrisiko kurzfristig bestehen. Es stieg nach dem Antidepressiva-Stopp zunächst bis auf ein IRR von 1,38 (95%-KI 1,34–1,41) an und sank dann ebenfalls wieder ab.
Da die Behandlung von psychischen Begleiterscheinungen bei chronischen Atemwegserkrankungen wichtig ist – auch für den Erfolg der COPD-Therapie – entsteht ein gewisses Therapie-Dilemma. Die Studienautoren plädieren aufgrund ihrer Ergebnisse für ein engmaschiges Monitoring der möglichen Nebenwirkungen von Antidepressiva. Zudem könnten andere als die genannten pharmakotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung von psychischen Begleiterkrankungen eine Alternative darstellen.
Quelle
Siraj R, Bolton CE, McKeever TM. Association between antidepressants with pneumonia and exacerbation in patients with COPD: a self-controlled case series (SCCS). Thorax 2023. Published Online First: 19 June 2023. doi: 10.1136/thorax-2022-219736.