Wiederkehrende Thrombosen bei Krebspatienten

Zur Prophylaxe einer erneuten Venenthrombose bei Tumorpatienten werden häufig niedermolekulare Heparine eingesetzt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass direkte orale Antikoagulanzien ebenso gut wirken.

Thromboserisiko bei Tumorpatienten erhöht

Krebspatienten haben gegenüber der Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Risiko für Venenthrombosen (VTE). Schätzungsweise etwa 20 % aller VTE-Ereignisse sind tumorassoziiert. Krebspatienten, die bereits eine Thrombose hatten, sollen laut der S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie“ initial für 3 bis 6 Monate mit direkten Faktor-Xa-Inhibitoren oder niedermolekularem Heparin behandelt werden. Bei der Auswahl der Therapie sind tumor-, therapie- und patientenspezifische Aspekte zu beachten.

In einer aktuellen Studie wurde nun untersucht, ob Heparine und direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) wirklich vergleichbare Ergebnisse bei der Prophylaxe erneuter VTE bei Tumorpatienten liefern (Nichtunterlegenheitsstudie).

Studie: DOAK vs. Heparine

Es wurden Patienten eingeschlossen, die an soliden Tumoren, Lymphom, chronisch-lymphatischer Leukämie oder multiplem Myelom litten und bei denen eine Thrombose diagnostiziert worden war. Die Patienten erhielten randomisiert, aber nicht verblindet, entweder ein DOAK oder ein niedermolekulares Heparin/Fondaparinux (jeweils verschiedene Wirkstoffe möglich). Primärer Endpunkt war die kumulierte Rate an nichttödlichen Thrombosen innerhalb von sechs Monaten Follow-up.

Bei 6,1 % der DOAK-Gruppe und 8,8 % der Heparin-Gruppe trat innerhalb der sechs Monate eine erneute VTE auf. Mit diesem Ergebnis war die Nichtunterlegenheit der DOAK belegt, es konnte jedoch keine Überlegenheit gegenüber Heparinen gezeigt werden. Hinsichtlich unerwünschter Ereignisse, gesundheitsbezogener Lebensqualität und Todesfällen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Insgesamt starben 21,5 % der DOAK-Gruppe und 18,4 % der Heparin-Gruppe.

Stärken und Schwächen der Studie

Die Autoren mutmaßen, dass die vorliegende Studie besser auf den klinischen Alltag in der Onkologie und breit gefächerte Patientenpopulationen übertragbar ist als andere Studien. Zum einen durften nämlich auch Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung/Hirnmetastasen sowie mit eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion teilnehmen, die sonst oft ausgeschlossen werden. Zum anderen hatten Ärzte und Patienten zahlreiche Freiheiten bei der Gestaltung der Therapie. So bestand innerhalb der Behandlungsgruppe freie Wirkstoffauswahl (DOAK: Apixaban, Rivaroxaban, Dabigatran, Edoxaban; Heparine: Enoxaparin, Fondaparinux, Dalteparin). Auch Dosisanpassungen sowie Therapieunterbrechungen waren erlaubt. Die fehlende Verblindung sowie vorangegangene Therapien konnten die Ergebnisse verfälschen. Überdies konnte bei den Todesfällen nicht eindeutig zugeordnet werden, ob die Patienten an der Thrombose oder der fortgeschrittenen Erkrankung gestorben waren.

Die Autoren resümieren, dass DOAK eine Alternative zu Heparinen bei der Prophylaxe erneuter VTE bei Tumorpatienten darstellen.

Quelle

Schrag D, et al. Direct Oral Anticoagulants vs Low-Molecular-Weight Heparin and Recurrent VTE in Patients With Cancer. A Randomized Clinical Trial. JAMA 2023; published online; doi:10.1001/jama.2023.7843.